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       # taz.de -- Diskussion über Wahlalter: Mit 16 schon reif für die Urne
       
       > Berlins Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) fordert ein niedrigeres
       > Wahlalter bei den Landtagswahlen. Eine Studie hat ihn überzeugt.
       
   IMG Bild: Ein Wahlschein in sehr junger Hand
       
       Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) hat sich überraschend dafür
       ausgesprochen, dass schon 16-Jährige an der Abgeordnetenhauswahl teilnehmen
       können. Bislang hatte der 61-Jährige ein niedrigeres Wahlalter abgelehnt.
       Umgestimmt habe ihn eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die darauf
       drängt, junge Menschen früh ins politische Geschehen einzubeziehen, sagte
       Wieland am Mittwoch vor Journalisten. Die Berliner SPD hat sich schon bei
       einem Parteitag im vergangenen Mai für das Wahlrecht mit 16 ausgesprochen.
       Die Partner in der rot-rot-grünen Koalition reagierten erfreut, die CDU als
       größte Oppositionsfraktion hingegen lehnt ein niedrigeres Wahlalter ab.
       
       16-Jährige können derzeit in 4 der 16 Bundesländer die Landesparlamente
       wählen: in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen – und seit 2011 auch in
       Brandenburg. Den Landtag mitbestimmen konnten 16-Jährige dort erstmals bei
       der Wahl 2014. In Berlin dürfen 16-Jährige zwar auch schon an die
       Wahlurnen, jedoch nur mit den Wahlzetteln für die
       Bezirksverordnetenversammlungen. Aus Wielands Sicht sollte Berlin dem
       Beispiel der vier anderen Bundesländer folgen: „Ich würde mich freuen, wenn
       es in Berlin dazu eine Debatte geben würde“, sagte der SPDler, der seit
       2011 Präsident des Abgeordnetenhauses ist.
       
       ## Zustimmung von links
       
       „Der Vorschlag rennt bei uns offene Türen ein und ist Teil unseres
       Wahlprogramms“, hieß es von der Linkspartei, „wir sind überzeugt, dass
       Jugendliche durchaus in der Lage sind, politische Vorgänge zu bewerten und
       sich selbst politisch einzubringen.“ Auch die Berliner Grünen haben das
       niedrigere Wahlalter bereits bei den jüngsten Wahlen auf Landes- und
       Bundesebene gefordert. „Wer früh lernt, wählen zu gehen, setzt dies auch
       später fort und motiviert andere, auch zu wählen“, begründeten sie in ihrem
       Bundestagswahlprogramm 2017 diese Forderung.
       
       Eine frühere Bindung ist auch der Punkt, der den Parlamentspräsidenten
       überzeugte. Wer nicht gleich bei der ersten Gelegenheit wähle, bleibe mit
       großer Wahrscheinlichkeit Nichtwähler, fasste Wieland die Ergebnisse der
       Bertelsmann-Studie zusammen. „Mit 16 das Wahlrecht zu bekommen kann ein
       größerer Anreiz sein“, sagte er.
       
       ## Ablehnung von der CDU
       
       Das jetzige Wahlalter von 18 Jahren ist in der Berliner Landesverfassung
       festgeschrieben. Um die zu ändern, müssten mindestens zwei Drittel der 160
       Abgeordnetenhausmitglieder zustimmen, also 107. SPD, Linkspartei und Grüne
       haben aber zusammen nur 92 Abgeordnete. Auch mit den 12 FDP-Parlamentariern
       würde es nicht reichen, auf die AfD würde die Koalition kaum bauen wollen –
       die Mehrheit hängt folglich an der 31 Köpfe starken CDU-Fraktion. Von der
       allerdings hieß es am Mittwoch: „An der grundsätzlichen Haltung der
       Fraktion dem Thema gegenüber hat sich nichts geändert.“ Und diese Haltung
       ist: Es soll beim Wählen mit 18 Jahren bleiben.
       
       Zwei Gründe nennt der neue CDU-Fraktionssprecher Olaf Wedekind dafür: Zum
       einen sei es rechtlich nicht nachvollziehbar, mit 16 zwar wählen, aber –
       weil noch nicht volljährig – keine Verträge abschließen zu dürfen. Zum
       anderen zweifelt man bei der CDU daran, ob 16-Jährige schon die
       ausreichende Reife für eine verantwortliche Wahlentscheidung haben.
       
       Die Koppelung an die Volljährigkeit war auch für Parlamentspräsident
       Wieland lange Zeit ein wichtiges Argument, eine Absenkung abzulehnen. In
       puncto Reife hingegen sieht er bei den jetzigen 16-Jährigen einen höheren
       Reifegrad. Einige Restzweifel hat Wieland aber offenbar noch: Denn seinen
       Vorstoß, ab 16 wählen zu lassen, will er nicht auch auf den Bundestag
       ausweiten: „Da geht es ja auch um Bundeswehreinsätze.“
       
       14 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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