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       # taz.de -- Ärger um Finanzierung der Breminale: Kater vor dem Fest
       
       > In Bremen sorgt die Struktur des Festivals „Breminale“ für Diskussion.
       > Unternehmer Siegel hat nun erklärt, er wolle die Namensrechte abgeben.
       
   IMG Bild: Ein Festival, das alle erhalten möchte: Die Breminale
       
       Bremen taz | Bei den Namensrechten an der „Breminale“ könnte es
       Veränderungen geben. Dass er überlege, diese abzugeben, erklärte Harald
       Siegel, Geschäftsführer der Breminale GmbH am Mittwoch der taz. Einen Tag
       zuvor war die Diskussion um seine Firma und die Organisationsstruktur
       hinter dem Festival erneut hochgekocht.
       
       Das Festival ist eines der wichtigsten Kulturevents Bremens. Seit 30 Jahren
       werden im Sommer am Osterdeich die Zelte hochgezogen: immer draußen, immer
       umsonst und mit zuletzt bis zu 200.000 Besuchern. Auch kleine Bands finden
       hier ein breites Publikum und auch unbekannte Künstler eine Bühne. Dieses
       Jahr sind der 25. bis 29 Juli als Termin gesetzt.
       
       Seit Wochen aber rumort es in der Konzert- und Kulturszene. Anfang der
       Woche berichtete unter anderem Radio Bremen kritisch: Ist die „Breminale“
       ein gewinnträchtiges Event geworden, von dem vor allem Unternehmer Siegel
       profitiert? Oder köcheln interne Streits weiter, die einen unnötigen
       Schatten auf das beliebte Fest werfen? Auch die Politiker der
       Kulturdeputation diskutierten am Dienstag scharf. Dass sich im Grunde alle
       weiterhin ein „Breminale“-Festival wünschen, war indes unstrittig.
       
       ## Interne Streitereien
       
       In den letzten Monaten stand das Festival zwischenzeitlich auf der Kippe.
       Ein interner Streit beim „Breminale“-Team war Ende 2017 eskaliert. Susanne
       von Essen, die in der Firma „Sternkultur“ das Programm jahrelang
       mitverantwortet hatte, verließ die Truppe. Die anderen erklärten, nicht
       mehr mit ihr zusammenarbeiten zu wollen.
       
       In der Folge wurden die Organsations-Strukturen der Breminale
       durchgeschüttelt, standen aber auch im öffentlichen Fokus. Radio Bremen
       beleuchtete Anfang der Woche, dass Harald Siegel seit Jahren Eigentümer der
       Markenrechte an der „Breminale“ ist und gleichzeitig mit seiner „Breminale
       GmbH“ die Gastronomie organisiert. Auch er selbst macht dort mit rund einem
       Dutzend Bierständen Umsatz. Siegel war von Anfang an im Festival-Team,
       seine Breminale GmbH von 1993 bis 2012 auch dessen Veranstalter.
       
       Mittlerweile vergibt Siegel jährlich die Namensrechte an eine andere GmbH,
       die das Festival und das kulturelle Programm organisiert. Das war seit 2012
       die Firma Sternkultur um Susanne von Essen. Nach dem internen Streit wollte
       zunächst ihr Geschäftspartner Max Maurer mit der Firma „Sternevents“ die
       Veranstaltung übernehmen, nun ist es die Firma „Concept Bureau“. Am
       Dienstag hat sie ihr vorläufiges Konzept der Kulturdeputation in geheimer
       Sitzung vorgestellt. Inhaltlich hört man daran wenig Kritik.
       
       „Sternevents“ wie „Concept Bureau“ haben den gleichen Firmensitz wie
       Siegels Breminale GmbH in Bremen-Hastedt. Eine Firma für die
       gewinnversprechende Gastronomie, eine andere für das unprofitable
       kulturelle Programm, die dann öffentliche Fördergelder bekommt? – Dass die
       Verhältnisse „ziemlich undurchsichtig“ seien, schrieb dazu Radio Bremen.
       
       Auch die Kulturdeputierten von Grünen und Linkspartei fragten am Dienstag
       kritisch nach. Im kulturellen Bereich ist eine solche Aufteilung indes
       nicht ohne Beispiel. Die Kulturbehörde will etwa an der Förderung des
       Festivals in Höhe von 65.000 festhalten.
       
       Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) aber will ihre Förderung von 50.000
       Euro nun noch einmal prüfen. Bei der WFB geht es um eine
       „Fehlbetragsförderung“. Dafür muss ein kulturelles Event regional und
       überregional ausstrahlen und ein Fehlbedarf in der Kalkulation auch
       „plausibel und nachvollziehbar“ sein, sagte WFB-Projektleiter Jens
       Joost-Krüger.
       
       ## Guter Bierverkauf soll eingerechnet werden
       
       Dem ehemaligen Veranstalter Sternkultur sei eine Förderung für 2018 bereits
       zugesagt gewesen. Wegen des Wechsels des Antragsstellers komme es nun zu
       der erneuten Prüfung. Und hierbei habe man durchaus den „Gesamtertrag“ im
       Blick, sagte Joost-Krüger. Der WFB dürften nicht nur die Verluste vorgelegt
       werden. Der gute Bierverkauf bei sonnigem Wetter müsse sich etwa auch bei
       den Veranstaltern des Kulturprogramm widerspiegeln.
       
       Am Dienstag stellten VertreterInnen kleiner Bands und subkultureller
       Initiativen am Rande der Kulturdepuation die Frage, ob hinter der Breminale
       nun eine profitorientierte Firma stecke. Unter anderem der Verband
       „Clubverstärker“ und das „Stage Europe“-Netzwerk gingen für dieses Jahr auf
       Abstand. Clubverstärker organisiert als Netzwerk 26 Clubs und Institutionen
       aus der Region, darunter die Kulturzentren „Schlachthof“ und das
       „Lagerhaus“ sowie die Viertel-Kneipen „Eisen“ und „Lifass“. Aus dem
       Vorstand hieß es, der Clubverstärker-Abend finde auf der Breminale dieses
       Jahr nicht statt.
       
       Das Stage Europe Network hat sich der Förderung junger Musiktalente
       verschrieben und präsentierte auf der Breminale nach eigenen Angaben in den
       letzten Jahren jeweils vier bis acht Bands aus ganz Europa. „Das Problem
       sind die Strukturen und der Umgang mit Kultur in dieser Stadt“, sagt Julia
       von Wild, die das Projekt in Bremen leitet. „Die Kulturbehörde hat einem
       privatwirtschaftlichen Markeninhaber das Vorrecht vor den Kulturschaffenden
       gegeben.“
       
       Allerdings: Wild ist auch im Vorstand des Verbands Clubverstärker – genauso
       wie Susanne von Essen. In einer kleinen Stadt wie Bremen laufen
       verschiedene Strukturen oft bei den gleichen, aktiven Leuten zusammen.
       
       ## Harald Siegel fühlt sich verunglimpft
       
       Anselm Züghart, Geschäftsleiter des Kulturzentrums Lagerhauses erklärte der
       taz: „Es ist äußerst unglücklich, dass interne Streitigkeiten eines
       Betriebes nun eine solche Runde machen.“ Mit dem Eindruck, dass der ganze
       Clubverstärker-Verband sich von der Breminale zurückziehe, ist er überhaupt
       nicht einverstanden. Das Kulturzentrum organisiert seit Jahren die
       „Flutbühne“ auf der Breminale. „Und das werden wir selbstverständlich auch
       in diesem Jahr tun“, sagte Züghart.
       
       Und Harald Siegel? Er fühlt sich von der Darstellung, der böse
       Geschäftemacher zu sein, verunglimpft. „Natürlich habe ich in den letzten
       Jahren Gewinne gemacht“, sagt er. „Aber wenn es in einem Jahr regnet, so
       trage ich das unternehmerische Risiko und muss die Verluste mit den
       Gewinnen der Vorjahre ausgleichen.“ Auch sei es nicht so, dass aus den
       Biereinnahmen nichts an die Kulturveranstalter zurückflösse. „Die Pacht an
       den Kulturveranstalter hat sich jedes Jahr erhöht“, sagt er.
       
       Dass der Bereich der Gastronomie überhaupt von dem des kulturellen
       Veranstalters getrennt wurde, sei nicht seine Idee gewesen, sagt Siegel.
       „Anfang der 1990er-Jahre hat die damalige grüne Kultursenatorin Helga
       Trüpel gewollt, dass wir das privatwirtschaftlich organisieren“, sagt er.
       Mit der möglichen Weitergabe der Namensrechte möchte er nun den Eindruck
       eines Interessenkonflikts entschärfen.
       
       15 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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