# taz.de -- Die Wahrheit: Ein himmlischer Starschnitt
> Im Sommer wird Papst Franziskus Irland besuchen. Schon jetzt wirft die
> scheinheilige katholische Kirche die große Kitschmaschine an.
Es ist noch sechs Monate hin, aber die Kitschindustrie arbeitet bereits auf
Hochtouren. Wenn Papst Franziskus im August zum Weltfamilientreffen nach
Dublin kommt, müssen die Andenken fertig sein. Es wird T-Shirts und
Strickschals, Schlüsselringe und Teetassen, Schlipse und Bettwäsche geben –
und einen Starschnitt aus Pappe in Lebensgröße. Wer stellt sich so etwas
ins Wohnzimmer?
Ich hatte als Zwölfjähriger die lebensgroße Emma Peel aus der Serie „Mit
Schirm, Charme und Melone“ an der Wand, aber die sah allemal besser aus als
ein 81-Jähriger mit einer Art Kaffeewärmer auf dem Kopf. Was will
Franziskus überhaupt auf einem Familientreffen? Er ist doch der
Allerletzte, der eine Familie gründen darf.
Der Papst-Gig kostet die Iren rund 20 Millionen Euro. Dafür kriegen sie
drei Vaterunser und einen Rosenkranz. Selbst Van Morrison, der für seine
Kurzauftritte berüchtigt ist, bietet mehr fürs Geld. Das Nachrichtenportal
Waterford Whispers behauptet allerdings, Franziskus habe noch einige
Trümpfe im Ärmel, darunter ein neunstündiges Feuerwerk in Form des letzten
Abendmahls.
Er verlangt im Gegenzug ein Kreuz in Dublins Phoenix Park, das höher ist
als das 35 Meter hohe Kreuz zu Ehren von Papst Johannes Paul II. Der war
1979 nach Irland gekommen, und mehr als eine Million Menschen strömten in
den Park. Wir flohen damals in die entgegengesetzte Richtung, was uns böse
Blicke einbrachte. Die Gläubigen hielten uns für Atheisten oder – schlimmer
noch – für Protestanten.
Einen Teil des Parks hatte man mit grünem Teppich ausgelegt, damit Wojtyłas
rote Schuhe nicht schmutzig wurden. Ein findiger Unternehmer kaufte die
Auslegware nach der Show auf, schnitt sie in kleine Stücke und nagelte sie
an Kreuze. So konnte sich jeder Käufer einbilden, ein Stück ergattert zu
haben, das der päpstliche Fuß berührt hatte. Damals war die Welt der
Katholiken noch in Ordnung. Die Bischöfe mischten sich in die Politik ein,
die Kirche genoss ihre in der Verfassung festgeschriebene Sonderstellung,
die Pfaffen missbrauchten munter Kinder, ohne Repressalien befürchten zu
müssen.
Die Zeiten haben sich geändert, die Kirche nicht. Franziskus ist genauso
eine Knalltüte wie seine Vorgänger, auch wenn er sich volksnah gibt. Um die
Bischöfe zu untersuchen, die den Kindesmissbrauch von allzu volksnahen
Pfaffen gedeckt haben, hat er eine Kommission eingesetzt – nämlich die
Bischofsversammlung.
Entschädigung für die Opfer? 700 Menschen, die als Kinder von Pfaffen
vergewaltigt worden waren, gehen leer aus, weil die Kirche behauptet, sie
hätten dem Missbrauch zugestimmt. Eine Zwölfjährige, der Alkohol eingeflößt
wurde, ist „freiwillig“ mit in den Wald gegangen? In Chile beschuldigte
Franziskus vorigen Monat die Missbrauchsopfer der Verleumdung.
Die Memorabilia-Industrie sollte eine Dartscheibe mit der Unschuldsmiene
des Papstes herausbringen. Die würde ich glatt kaufen.
19 Feb 2018
## AUTOREN
DIR Ralf Sotscheck
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