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       # taz.de -- Demo der Club- und Kneipenbesitzer: Die Angst vor dem Billig-Bier
       
       > Am Samstag wollen Club- und Kneipenbesitzer*innen auf St. Pauli gegen
       > Kioske demonstrieren. Sie fühlen sich von der Konkurrenz durch billigeren
       > Alkohol bedroht.
       
   IMG Bild: Viele trinken vor dem Feiern am Kiosk. Barbesitzer*innen ärgert das
       
       HAMBURG taz | Bar- und Clubbetreiber*innen auf St. Pauli wollen verstärkt
       gegen die vielen Kioske im Viertel vorgehen, die sie um einen Teil ihrer
       Einnahmen bringen. Zusammen mit dem Quartiersmanagement des Business
       Improvement District (BID) „Reeperbahn +“ – einer Kooperation aus
       Privatwirtschaft und Verwaltung für die Aufwertung des Viertels – haben sie
       eine Demo organisiert, die am Samstag unter dem Motto „Save St. Pauli“
       durch den Stadtteil ziehen soll.
       
       Die Veranstalter*innen sehen die kulturelle Vielfalt St. Paulis durch die
       Kioske gefährdet. Weil diese weniger Kosten decken und Auflagen erfüllen
       müssen als Clubs und Kneipen, sei es ihnen eher möglich, die hohen Mieten
       zu zahlen. In ihrem Aufruf schreiben die Demo-Organisator*innen: „Um
       gastronomische und kulturelle Betriebe siedeln sich Trinkkioske parasitär
       an, Gäste verzehren im öffentlichen Raum, gehen aber beim Nachbarn tanzen.“
       Auf St. Pauli gibt es 58 Kioske.
       
       „Irgendwann ist der ganze Kiez ein billiger Kiosk“, sagt der Demo-Anmelder
       und Autor Michel Ruge, der die Idee hatte. Die Quartiersmanagerin Julia
       Staron sei sofort begeistert gewesen. Fast alle Gastrobetriebe auf dem Kiez
       seien dabei, sagt Ruge – die Ritze, der Goldene Handschuh, das Albers Eck,
       der Silbersack, Corny Littmann mit seinen Schmidt-Theatern. Sie fordern ein
       Alkoholausschankverbot an Kiosken ab 20 Uhr.
       
       Im Bezirk begrüßt man die Initiative. „Man muss sich fragen, ob man einen
       Club- oder einen Kioskstandort haben will“, sagt Bezirksamtsleiter Falko
       Droßmann (SPD). Auch die Bezirksgrünen und die SPD unterstützen das
       Vorhaben. Auf die Frage, ob es nicht eher die hohen Mieten seien, die den
       Clubs Probleme bereiten, sagt der Vorsitzende der Grünenfraktion, Michael
       Osterburg, das eine habe nichts mit dem anderen zu tun – die hohen Mieten
       seien ein Problem, aber man müsse auch die Clubs schützen.
       
       Letztlich kann der Bezirk nicht viel machen. Kioske sind sogenannte
       Mischbetriebe, sie gelten als „genehmigungsfreie Gaststätten mit
       Einzelhandel“. Sie brauchen keine Ausschankgenehmigung (im Gegensatz zu
       Kneipen) und können auch an Feiertagen geöffnet haben (im Gegensatz zum
       Einzelhandel).
       
       ## Kritik an der Anti-Kiosk-Offensive
       
       Aber es gibt auch Kritik an der Anti-Kiosk-Offensive: Der Fanclub des FC
       St. Pauli „G.A.S.“ – die Abkürzung steht für Gehirnamputierte Szene –
       wendet sich auf Facebook an die Öffentlichkeit. Die „kulturelle Vielfalt“,
       von der die Barbetreiber*innen sprechen, zeichne sich durch ein hohes
       Aggressionspotential aus, durch „rücksichtslose Junggesell*innen-Abschiede,
       horrende Mietpreise und organisierte Kriminalität in vielfältiger Form“.
       
       Zwar trügen auch Kioske zu den Missständen bei, aber die Hauptverantwortung
       sehen sie bei den großen Gastrobetrieben: „Die Organisator*innen der
       Demonstration haben die Leute, die sie nicht mehr vor ihrer Tür haben
       wollen, selbst ins Viertel geholt! Niemand geht auf den Kiez allein wegen
       der Kioske.“
       
       Der Fanclub äußerte sich, weil im Internet ein Foto in den Demo-Aufruf
       eingebunden ist, auf dem zwei St. Pauli-Bierbecher zu sehen sind. „Die
       wirtschaftlich stärksten Läden auf St. Pauli möchten suggerieren, dass die
       Bewohner*innen hinter ihnen stehen – ganz konkret der FC St. Pauli und
       dessen Fanclubs“, sagt G.A.S.-Mitglied Frank Leitermann.
       
       Er wirft der Initiative Astroturfing vor, also die Tarnung einer PR-,
       Lobby- oder Werbeaktion als Graswurzelbewegung oder Bürgerinitiative.
       Gegenaktionen zur Demo plant der Fanclub nicht – er hält das Thema Kioske
       auf dem Kiez generell für irrelevant.
       
       21 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katharina Schipkowski
       
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