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       # taz.de -- Neues Tourismuskonzept: Touris raus – aus der Innenstadt?
       
       > Am Donnerstag wird vor Gericht über die Bierbikes verhandelt. Und was ist
       > mit den Ferienwohnungen? Vier Beispiele für den Umgang mit Touristen in
       > Berlin.
       
   IMG Bild: Anders als Bier-Bikes nerven Segways nur manchmal
       
       ## Bier-Bikes vor Gericht
       
       Nein, die Bier-Bikes gibt es nicht mehr. Sie heißen jetzt Big-Bikes. Ulrich
       Hoffmann-Elsässer hat sich das ausgedacht, der Unternehmer aus Königs
       Wusterhausen, der sich ein bisschen um das Image dieser Theken auf Rädern
       gesorgt hat. Vielleicht denkt ja bei Big-Bikes nicht jeder gleich an
       Sauftourismus.
       
       Geht es nach Burkhard Kieker, dürfte es weder Bier-Bikes noch Big-Bikes
       geben. Aber vorerst geht es nicht nach dem Geschäftsführer von Visit
       Berlin, der wie der Senat den Tourismus in Berlin salonfähiger machen will,
       sondern nach dem Verwaltungsgericht Berlin. Am 22. Februar findet eine
       Anhörung statt. Denn Hoffmann-Elsässer hat gegen das Teilverbot geklagt,
       das der Bezirk Mitte 2014 gegen die Bier-Bikes verhängt hat. Manche Straßen
       wie Unter den Linden sind seitdem tabu. Doch das will der Betreiber nicht
       hinnehmen.
       
       Andere dagegen hätten am liebsten heute statt morgen alle Bier-Bikes
       überall weg. So wie es Amsterdam und auch Düsseldorf vormachen. Doch eine
       Untersuchung vor zwei Jahren durch die Polizei hat ergeben, dass von den
       Bier-Bikes keine Gefahr ausgeht. Keine Argumente gegen ein Verbot, heißt es
       seitdem aus der Verkehrsverwaltung. „Es gab im letzten Jahr nur eine
       Anzeige“, so Sprecher Matthias Tang zur taz.
       
       Also entscheidet das Gericht. Ob bei einer Bestätigung des Verbots auch
       weitere Bezirke die Notbremse ziehen, will Tang nicht sagen. „Warten wir
       erst den Donnerstag ab.“ (wera)
       
       ## Straßensperrstunde
       
       Es gibt einige unglückliche Straßen in Berlin, in der sich die
       Touristenkneipen reihen wie die Socken auf der Wäscheleine – aber eine der
       unglücklichsten ist sicherlich die Simon-Dach-Straße in Friedrichshain.
       Immer wieder gab es Versuche, das laute Treiben dort zumindest einzudämmen,
       eine Beschränkung des Außenausschanks im nördlichen Teil vor 15 Jahren,
       2015 eine Aktion mit Pantomimen, die bei den Partygängern um mehr
       Rücksichtnahme warben. Doch nun will der Bezirk durchgreifen. Ab dem 2. Mai
       sollen alle Gaststätten ihren Außenausschank ab 23 Uhr schließen. Das
       Bezirksamt will das in den nächsten Wochen beschließen.
       
       Die Meile zwischen RAW-Gelände und Boxhagener Straße ist mit 3.000
       Biergartenplätzen einer der Hotspots für Partytouristen. In den letzten
       Jahren haben sich Beschwerden von Anwohnern beim Ordnungsamt und der
       Polizei gehäuft, sagt Sara Lühmann, Sprecherin des Bezirksamts.
       
       Niemand will, dass Berlin ein stilles Dorf wird – Auswüchse wie die in der
       Simon-Dach-Straße sind trotzdem für viele Anwohner eine Katastrophe. Was
       die neue Verordnung bringen wird, ist allerdings fraglich: Bekanntlich gibt
       es dank zahlreicher Spätis genug Möglichkeiten, in lauen Sommernächten auf
       der Straße zu feiern. Außerdem machen auch Menschen Lärm, wenn sie nur von
       Bar zu Bar ziehen. Wer also Ballungszentren wie die Simon-Dach-Straße
       verhindern will, muss früher ansetzen. (sm)
       
       ## Hotelentwicklungsplan
       
       „Was Venedig die Kreuzfahrtschiffe sind, sind Berlin die Hostels –
       touristische Infrastrukturen, die Alltagsleben verdrängen und auf Kosten
       der städtischen Infrastruktur gehen“, so formulierte es Katalin Gennburg,
       Sprecherin der Linksfraktion für Stadtentwicklung, als vergangenes Jahr in
       der Neuköllner Weserstraße ein Hostel ohne Genehmigung monatelang Touristen
       in ein Wohnhaus lockte.
       
       Tatsächlich hat die Politik kaum Einfluss darauf, ob und wo neue Hotels,
       Pensionen oder Hostels eröffnet werden. Etwa 800 Beherbergungsbetriebe mit
       140.000 Betten gibt es bereits; zusammen kamen sie im vergangenem Jahr auf
       etwa 13 Millionen Übernachtungen. Insbesondere in den Innenstadtbezirken
       ist deren Dichte hoch und sind die Auswirkungen auf die Nachbarschaft groß.
       
       In der Koalition wird daher über einen Hotelentwicklungsplan gesprochen. Im
       beschlossenen Tourismuskonzept des Senats (siehe Kasten) ist davon die
       Rede, „Möglichkeiten eines Ansiedlungsmanagements und der Steuerung des
       Beherbergungsmarktes zu nutzen“. Erreicht werden solle damit „eine bessere
       räumliche Entzerrung sowie eine Verbesserung der Preisstruktur“. Barcelona
       hat es vorgemacht und in einem Hotelentwicklungsplan neue Ansiedlungen in
       der Innenstadt untersagt – zum Ärger der Bewohner in den Außenbezirken, die
       sich gegen Hotelpläne in ihrer Nachbarschaft zur Wehr setzten. (epe)
       
       ## Ferienwohnungen
       
       Zwar sind in den vergangenen Jahren etwa 4.000 ehemalige Ferienwohnungen
       wieder zu normalem Wohnraum geworden, dennoch hat sich das bisherige Gesetz
       als wenig praxistauglich erwiesen. Am Donnerstag geht daher die Neufassung
       des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes zu seiner ersten Lesung ins Parlament.
       Der Senat will erlauben, die eigene Wohnung bis zu 60 Tage im Jahr zu
       vermieten.
       
       Doch kurz vor knapp drängen Abgeordnete der Regierungsfraktionen und
       Stadträte der Bezirke darauf, die 60-Tage-Regelung wieder zu kippen. Ein
       Gespräch mit Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) ist für
       Donnerstag anberaumt. Das Problem, das die Fachpolitiker sehen: Eine
       Kontrolle, ob eine Wohnung illegalerweise für mehr als 60 Tage angeboten
       wird, scheint kaum möglich und könnte die Bezirke überlasten.
       
       Noch fehlt eine versprochene Software, die automatisch erfassen soll, ob
       Angebote die Registriernummer enthalten, die künftig von den Bezirksämtern
       pro Ferienwohnung vergeben werden. Mit ihr sollen die angebotenen Wohnungen
       für die Behörden identifizierbar werden. Doch den Missbrauch werden sie
       wohl nicht verhindern. Anbieter könnten auf nicht erfasste Portale
       ausweichen. Eine Auskunftspflicht für die Portale findet sich im Gesetz
       nicht, freiwillig aber werden Airbnb und Co. keine Daten der gesetzwidrigen
       Angebote herausrücken. (epe)
       
       20 Feb 2018
       
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