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       # taz.de -- Erderwärmung durch Klimawandel: Deutschland schmilzt sich ab
       
       > Die Alpen sowie Nord- und Ostsee erwärmen sich schneller als der
       > weltweite Durchschnitt. Die Regierung fürchtet ernste Folgen.
       
   IMG Bild: Nicht mehr besonders weiß und immer wärmer: Alpenpanorama in Bayern
       
       Berlin taz | Die Erderwärmung durch den menschengemachten Klimawandel ist
       endgültig in Deutschland angekommen. Das Wasser in Nord- und Ostsee sowie
       die Luft in den Alpen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich
       aufgeheizt. Dabei stiegen die durchschnittlichen Temperaturen in diesen
       Regionen schneller als im weltweiten Mittel. Das geht aus Antworten der
       Bundesregierung auf parlamentarische Anfragen hervor, die der taz
       vorliegen.
       
       Danach hat sich die durchschnittliche Lufttemperatur in den deutschen Alpen
       zwischen 1881 und 2016 um 1,3 Grad Celsius erhöht. Die Daten kommen vom
       Deutschen Wetterdienst. Weltweit sind die Temperaturen der Luft im Schnitt
       bislang nur um etwa 1,1 Grad Celsius geklettert. Allerdings gelten Berge
       oder Polgebiete als besonders anfällig für den Klimawandel. Auch Messungen
       aus der Schweiz und Österreich zeigen eine stärkere Erwärmung: In der
       Schweiz sind es bislang etwa 1,4 Grad, in den österreichischen Alpen wird
       bis 2050 ein Anstieg um 2 bis 4 Grad Celsius erwartet.
       
       „Die Klimakrise ist in den Alpen schon deutlich messbar“, kommentiert die
       grüne Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden, die die Anfrage gestellt hat.
       „Durch die steigenden Temperaturen haben die Alpengletscher seit 1850 über
       60 Prozent ihres Volumens verloren.“ Die Bundesregierung wisse genau, wie
       weit die Klimakrise in Deutschland schon fortgeschritten sei, die
       „jahrelange Tatenlosigkeit beim Klimaschutz muss dringend beendet werden“.
       
       Deutlich ist die Erwärmung laut Antwort der Regierung auch an den deutschen
       Küsten. So hat sich die Oberfläche der Ostsee nach Daten des Instituts für
       Ostseeforschung in Warnemünde (IOW) allein zwischen 1990 und 2015 im
       Schnitt um etwa 1,5 Grad aufgeheizt. Die Nordsee wiederum zeigt an einer
       Messstelle auf Helgoland in den letzten 45 Jahren eine Erwärmung um 1,67
       Grad Celsius.
       
       ## Die Fieberkurve geht weiter nach oben
       
       Das sind deutlich höhere Werte, als im weltweiten Maßstab für die Meere
       gemessen werden: Der UN-Weltklimarat IPCC gibt für diesen Zeitraum weltweit
       nur eine Erwärmung um 0,74 Grad an. Und die Fieberkurve zeigt weiter nach
       oben. Die Bundesregierung geht davon aus, dass sich die Temperaturen der
       Nordsee bis 2100 um 1,7 bis 3,2 Grad Celsius erhöhen könnten.
       
       Was die Badegäste freut, hat für Ökosysteme und die Wirtschaft
       möglicherweise gravierende Konsequenzen, warnt die Bundesregierung. In der
       Nordsee würden seit dreißig Jahren verstärkt Fischarten aus südlicheren
       Meeren wie roter Knurrhahn, Sardelle oder Wolfsbarsch registriert, der
       heimische Kabeljau sei gefährdet. Umweltbedingungen änderten sich so
       schnell, dass sich Arten nicht anpassen könnten.
       
       Für die Ostsee warnen die Experten aus dem Umweltministerium vor einer
       Veränderung des Phytoplanktons, der Kleinstlebewesen am Beginn der
       Nahrungskette. Dazu könne es zu „vermehrtem Auftreten potenziell toxischer
       Blaualgenblüten“ kommen. Bereits jetzt sei zu beobachten, dass die
       Fortpflanzung der Heringe beeinträchtigt sei. Weil dieser Fisch eine
       zentrale Rolle im Ökosystem der Ostsee spiele, seien „drastische
       Veränderungen im gesamten Nahrungsnetz, einschließlich Auswirkungen auf
       andere Fischbestände, Meeressäuger und Seevögel, zu erwarten.“
       
       21 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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