URI: 
       # taz.de -- Basisvotum über Regierungsbeteiligung: In der SPD zählen sie jeden Groko-Fan
       
       > Noch einmal mit der CDU regieren oder nicht? Befürworter und Gegner der
       > großen Koalition rühren noch bis Anfang März die Werbetrommel.
       
   IMG Bild: Wettlauf zwischen SPD-Vorsitzendem und Juso-Chef: Wer kann mehr Sozialdemokraten mobilisieren?
       
       Gustav Herzog greift jedes Mal zum Telefon, wenn in seinem Wahlkreis ein
       neues Mitglied in die SPD eintritt. Das gehört sich so, findet der
       Bundestagsabgeordnete aus Kaiserslautern: kurz Hallo sagen und fragen,
       warum der Neue dabei ist.
       
       Im Januar verbrachte Herzog besonders viel Zeit am Hörer, 30 Neumitglieder
       musste er abtelefonieren. Der SPD-Politiker berichtet: „Nur einer war
       dabei, der sagte: Ich bin eingetreten, weil ich die Große Koalition
       verhindern will.“ Die meisten anderen hatten schon länger überlegt, in der
       Partei mitzumachen. Jetzt nutzten sie die Gelegenheit. Und nicht alle Neuen
       wollen beim Mitgliederentscheid gegen den Koalitionsvertrag stimmen.
       
       An der Parteispitze hört man solche Berichte gern. Nach dem Ende der
       Koalitionsverhandlungen wartet schließlich die nächste Hürde auf die
       SPD-Führung: Die knapp 464.000 Parteimitglieder dürfen bis zum 2. März per
       Briefwahl darüber entscheiden, ob sich die SPD an der nächsten
       Bundesregierung beteiligt. Allein 24.000 davon sind seit Jahresbeginn
       eingetreten. Ein Teil dürfte der Kampagne der Jusos zu verdanken sein, die
       seit Wochen dafür werben, einzutreten und gegen die Groko zu stimmen. Aber
       eben auch nur ein Teil.
       
       Andrea Nahles schöpft daraus Hoffnung. Der SPD-Abgeordnete Herzog hatte
       auch der designierten Parteivorsitzenden von seinen Telefonaten erzählt,
       sie wiederum berichtete am Mittwochabend im ZDF von den Neumitgliedern aus
       Kaiserslautern. „29 wollen für die Groko stimmen“, sagte sie im Interview.
       In ihrem Optimismus hatte sie Herzog offenbar nicht ganz richtig
       verstanden.
       
       Werbung in sieben Städten 
       
       Immerhin: In den kommenden Wochen wird sie noch Gelegenheit haben,
       persönlich mit einigen der Neumitglieder zu sprechen. Das Willy-Brandt-Haus
       plant derzeit eine Reihe von Regionalkonferenzen, in sieben Städten will
       die SPD-Spitze vor der Parteibasis für den Koalitionsvertrag werben.
       
       Die Presse ist auf den Veranstaltungen nicht erwünscht, die
       Sozialdemokraten sollen unter sich bleiben. Zu Beginn werden jedes Mal
       Nahles und Noch-Parteichef Martin Schulz auf der Bühne sprechen, dazu
       vielleicht noch die jeweiligen Landesvorsitzenden und ein paar Vertreter
       aus dem Koalitionsverhandlungsteam. Danach will sich die Parteiprominenz
       in den Sälen verteilen und in kleinen Gruppen mit den Genossen diskutieren.
       
       Groko-Gegner werden nur in diesen Kleingruppen zu Wort kommen – was
       Juso-Chef Kevin Kühnert prompt kritisierte. Er plant eine eigene Tour
       durchs Land, ab Freitag wird er vor SPD-Mitgliedern für ein Nein zur
       Koalition werben.
       
       Personalentscheidungen im Alleingang 
       
       Für Kühnert und andere Groko-Gegner war das Ende der
       Koalitionsverhandlungen am Mittwoch ein kleiner Dämpfer: Dass die SPD die
       drei wichtigen Ministerien für Äußeres, Finanzen sowie Arbeit und Soziales
       bekommt, kann die Parteispitze als Erfolg verkaufen.
       
       Andererseits: Inhaltlich haben die SPD-Verhandler nicht so viel
       herausgeholt, wie es der Parteitag im Januar gefordert hatte. Auch die
       Personalentscheidungen der Spitze gefallen der Basis nicht unbedingt. Unter
       sich hatte die Parteiführung vereinbart, dass Nahles neue Chefin wird,
       Schulz dafür in die Regierung rückt und Sigmar Gabriel im Außenministerium
       Platz machen muss. Der ist jetzt offenbar beleidigt und sagte öffentliche
       Auftritte und Reisen ab.
       
       Juso-Chef Kühnert hatte schon am Mittwoch gesagt, er sei „fassungslos“ über
       all die Personaldiskussionen. Und eine Runde von Groko-Gegnern um die
       Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis und Marco Bülow machten am Donnerstag
       eine neue Front auf: In einem offenen Brief forderten sie eine Urabstimmung
       über die neue Parteiführung.
       
       9 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
       ## TAGS
       
   DIR SPD-Basis
   DIR SPD
   DIR Schwarz-rote Koalition
   DIR Regierung
   DIR Jusos
   DIR Abstimmung
   DIR SPD
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR Bürgerversicherung
   DIR SPD
   DIR SPD Berlin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Debatte SPD in der GroKo: Eine Partei schafft sich ab
       
       Die SPD droht an Fehlern aus der Vergangenheit zu scheitern. Sie ist so
       sehr mit ausbessern beschäftigt, dass Innovation keinen Platz mehr hat.
       
   DIR Nach dem Amtsverzicht von Martin Schulz: SPD auf Schulz-Entzug
       
       Sigmar Gabriel tritt nach. Martin Schulz verzichtet auf den Posten als
       Außenminister. Andrea Nahles fühlt mit. Die SPD-Spitze zerlegt sich.
       
   DIR Was alles fehlt im GroKo-Vertrag: Es hat doch nicht so gequietscht
       
       Trägt die Koalitionseinigung wirklich eine sozialdemokratische Handschrift?
       Die taz hat eine Mängelliste erstellt.
       
   DIR Der Koalitionsvertrag im Überblick: So wird die neue Groko
       
       Welche Ziele hat sich die Große Koalition inhaltlich gestellt? Ein
       Überblick von der Soli-Abschaffung bis zum Wolf-Abschuss.
       
   DIR Groko und Berliner Sozialdemokraten: Verhaltener Optimismus
       
       CDU, CSU und SPD wollen die Groko. Zumindest ihre Spitzenpolitiker. Nun
       entscheiden die SPD-Mitglieder. Ein Stimmungsbild aus Berlin.