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       # taz.de -- Nina Wittmann heißt jetzt Nico Wittmann: Geduldet in der AfD
       
       > Wie geht die AfD mit Transsexuellen um? Am Beispiel der AfD-Fraktion in
       > der Bezirksverordnetenversammlung von Tempelhof-Schöneberg lässt sich das
       > aus aktuellem Anlass ablesen.
       
   IMG Bild: Jeannette Auricht, Sprecherin der AfD-Fraktion im AGH, nennt es „Privatangelegenheit“
       
       Die AfD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von
       Tempelhof-Schöneberg besteht nur noch aus Männern. Die einzige Frau in der
       sechsköpfigen Fraktion, Nina Wittmann, heißt „ab sofort“ Nico Wittmann, ist
       in einer persönlichen Erklärung zu lesen, die auf der Tagesordnung der
       BVV-Sitzung von Mittwochabend steht und der taz vorab vorliegt. „Ich bitte
       darum, mich ab sofort mit ‚Herr Wittmann‘ anzusprechen und auch im
       Schriftverkehr den Namen Nico Wittmann zu verwenden. Ich bin transsexuell
       und das nicht erst seit gestern. Transsexuell nicht Gender-Sternchen“,
       heißt es weiter wörtlich in dem Schreiben.
       
       Laut Ältestenrat der BVV sollte der Fraktionsvorsitzende der AfD, Karsten
       Franck, die Erklärung für Nico Wittmann in der Sitzung verlesen. In der
       Erklärung schreibt Wittmann: „Wie vielen Betroffenen geht es mir durch
       diesen Umstand seit Jahren psychisch sehr schlecht. (…) Ich entschuldige
       mich für damit einhergehende Ausfallzeiten bei unseren Wählern und bedanke
       mich bei meiner Fraktion für die entgegengebrachte uneingeschränkte
       Unterstützung.“
       
       Der letzte Satz lässt aufhorchen. Die Position der AfD ist ambivalent.
       Einerseits werden Transsexuelle „toleriert“, andererseits fällt die Partei
       mit einer herablassenden Tonart gegenüber sexuellen Minderheiten auf. Der
       bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Franz
       Kerker, kommentierte die neu herausgegebene Senatsbroschüre „Murat spielt
       Prinzessin, Alexa hat zwei Mütter und Sophie heißt jetzt Ben“ für
       Kita-ErzieherInnen so: „Homosexuelle und transsexuelle Lebensweisen sind zu
       tolerieren. Etwas zu tolerieren, bedeutet, es als normabweichend zu
       begreifen, aber zu dulden.“
       
       Fraktionschef Georg Pazderski hatte im vergangenen Jahr im Abgeordnetenhaus
       dem Senat vorgeworfen, auf die Interessen „kleiner Minderheiten“ fixiert zu
       sein. Nun liegt der Transgender-Anteil in der AfD-Fraktion von
       Tempelhof-Schöneberg immerhin bei einem Sechstel.
       
       ## „Privatangelegenheiten“
       
       Jeannette Auricht, die Sprecherin der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus,
       sagt der taz: „Natürlich gibt es homosexuelle und transsexuelle Mitglieder
       in der AfD. Aber Privatangelegenheiten wie die von Herrn Wittmann ändern
       nichts daran, dass wir am traditionellen Familienbild festhalten. Eine
       Minderheit sollte nicht als Mehrheit betrachtet werden. Die
       Zahlenverhältnisse in der BVV-Fraktion Tempelhof-Schöneberg ändern ja
       nichts daran, dass Transsexuelle in der Gesellschaft nur eine kleine
       Minderheit sind.“
       
       Die AfD-Fraktion im Bezirk gilt als gemäßigt, die bislang nicht durch
       rechte Ausfälle in Erscheinung getreten sei, heißt es in BVV-Kreisen. Nico
       Wittmann ist Anfang zwanzig und stammt aus Tempelhof. In der BVV trat er
       bislang im Alternativ-Look auf mit Lippenpiercing und Kapuzenpulli. Nico
       Wittmann selbst wollte sich gegenüber der taz nicht äußern.
       
       21 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gunnar Hinck
       
       ## TAGS
       
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