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       # taz.de -- Neuer Feiertag in Bremen: Bald mehr Zeit zum Beten
       
       > Bremens Bürgerschaft hat den Reformationstag als neuen Feiertag
       > beschlossen. CDU-Fraktionschef Röwekamp greift einen taz-Redakteur an.
       
   IMG Bild: Der Roland auf dem Bremer Marktplatz: Die Trennung von Kirche und Staat war früher Tradition
       
       BREMEN taz | War es ein „Lehrstück der Demokratie“, dessen man am Mittwoch
       in der Bürgerschaft Zeuge werden durfte? Ja, aber wohl eher nein, möchte
       man antworten – in kühner Reminiszenz der „Jas“ und „Neins“, die am Mittag
       durch den Plenarsaal schallten. In namentlicher Abstimmung beschloss dort
       eine Mehrheit von insgesamt 57 Abgeordneten auf Antrag der CDU, den
       Reformationstag am 31. Oktober als neuen Bremer Feiertag einzuführen.
       Wohlgemerkt: Mit einer Mehrheit im Parlament, aber nicht innerhalb der
       rot-grünen Koalition.
       
       Als Fraktion hätten die Grünen den 31. Oktober als Feiertag nämlich nicht
       mittragen wollen. Ohne Fraktionszwang stimmten dann auch einige Abgeordnete
       aus der SPD gegen den Reformationstag, wie umgekehrt einige Grüne dafür.
       
       Überhaupt wurde am Mittwoch etwas offener diskutiert.
       Linken-Fraktionschefin Kristina Vogt warb dabei für den Frauentag am 8.
       März und den Tag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai als Feiertage statt
       des 31. Oktobers. „Martin Luther war ein glühender Antisemit und er hasste
       die ärmeren Schichten“, sagte Vogt. Die Anträge für den 8. Mai und den 8.
       März wurden abgelehnt, erhielten aber jeweils auch Stimmen von Grünen und
       Sozialdemokraten.
       
       Vogt hatte auch daran erinnert, dass es die Abgeordneten seien, die die
       Gesetze machten und nicht Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und das
       Rathaus. Es ging ihr um die Absprachen der norddeutschen Regierungschefs
       aus Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen, die sich Anfang
       Februar auf den 31. Oktober als gemeinsamen Vorschlag geeinigt hatten –
       auch um Insellösungen zu vermeiden, die selbst die Linke nicht will.
       
       Vor diesem Hintergrund können Zweifel an der Tragweite einer Bremer
       Parlamentsentscheidung aufkommen, spätestens, wenn SPD-Fraktionschef Björn
       Tschöpe darauf drängt, in Bremen mit der zweiten Lesung des Gesetzes zu
       warten, bis Niedersachsen eine Regelung hat – um diese dann zu übernehmen.
       
       Aus der Reihe fiel am Mittwoch indes Thomas Röwekamp, der
       Fraktionsvorsitzende der CDU. Er eröffnete die Debatte einerseits mit der
       Präsentation einer Playmobil-Figur von Martin Luther wie andererseits mit
       einer namentlichen Attacke gegen taz-Redakteur Benno Schirrmeister.
       
       Der hatte in einem [1][Artikel in der taz.nord] unter anderem das „geradezu
       widerwärtig verkommene Staatsverständnis“ der norddeutschen
       Ministerpräsident*innen kritisiert, weil sie sich „an die Rockschöße des
       abgehalfterten evangelischen Klerus“ hingen.
       
       ## „Bedenklicher Schulterschluss von Staat und Kirche“
       
       Schirrmeister verurteilte einen „bedenklichen Schulterschluss von Staat und
       Kirche, der nahe an die funktionale Verwechslung beider geht“, die „in
       geradezu aggressiver Dummheit aus dem niedersächsischen Ministerpräsidenten
       Stephan Weil“ (SPD) spreche.
       
       „Erschrocken“ sei er über diesen Artikel, erklärte Röwekamp in der
       Bürgerschaft, der selbst Diakon in der Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche
       in Bremerhaven ist. Dadurch würden Ministerpräsidenten in einer Art und
       Weise attackiert, „die ich für völlig unverständlich halte“. Dies ist für
       Röwekamp „ein Geist im Umgang mit Religion, den ich eigentlich nur von
       Extremisten kenne“.
       
       Dass Martin Luther auch antisemitische Schriften verfasst habe, gehöre zur
       Geschichte seiner Person, erklärte Röwekamp. Das wiederum spreche nicht
       gegen den Reformationstag als Feiertag, weil es dabei nicht um einzelne
       Akteure wie Martin Luther gehe, sagte der CDU-Fraktionschef – während die
       Luther-Figur weiter vor ihm auf dem Rednerpult stand.
       
       22 Feb 2018
       
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