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       # taz.de -- Sexuelle Belästigung im US-Basketball: Ahnungsloser Chef
       
       > Die Dallas Mavericks sind dabei, Fälle von sexueller Belästigung
       > aufzuarbeiten. Dirk Nowitzki ist schockiert und vertraut dem
       > Klubbesitzer.
       
   IMG Bild: Dirk Nowitzki ist ist enttäuscht von seinem Klub
       
       Endlich wieder Normalität für Dirk Nowitzki, endlich wieder Basketball.
       Sieben Punkte und sieben Rebounds sammelte er am Montag gegen die Indiana
       Pacers, eine herzlich normale Ausbeute für ihn im Abendrot seiner Karriere.
       Sein Team gewann das Heimspiel 109:103, das allerdings war nicht normal in
       einer Spielzeit, in der sich die Dallas Mavericks im Wiederaufbau befinden
       und eher selten gewinnen.
       
       Auch ansonsten ist nichts normal in Dallas. Denn die #metoo-Debatte hat die
       Mavericks und ihre Ikone Nowitzki erreicht. Eine Recherche des Magazins
       Sports Illustrated deckte auf, dass im Büro des NBA-Klubs eine sexistische
       und gewalttätige Atmosphäre geherrscht haben soll. Der ehemalige
       Mavericks-Geschäftsführer Terdema Ussery, von 1997 bis 2015 bei den
       Texanern angestellt, soll Frauen sexuell belästigt haben.
       
       Earl K. Sneed, Starautor von [1][mavs.com, der Webseite des Klubs,] war
       nicht entlassen worden, obwohl er sowohl gegenüber seiner Lebensgefährtin
       als auch einer Angestellten der Mavs, mit der er liiert war, tätlich
       geworden war. Und Personalchef Buddy Pittman soll Beschwerden ignoriert und
       Frauen mit Entlassung gedroht haben, falls sie nicht weiter schweigen.
       
       Eine „shitshow“ wäre im Büro aufgeführt worden, so beschrieb es eine
       ehemalige Mitarbeiterin der Mavs. In der Geschäftsführung hätte eine
       Atmosphäre geherrscht wie in einer verschwitzten Umkleidekabine. In der
       tatsächlichen Umkleidekabine ging es dagegen zivilisiert und gar nicht
       sexistisch zu.
       
       ## Wieder in die richtige Richtung
       
       Ja, einige der für den Sports-llustrated-Artikel interviewten Frauen
       erzählten, Arena, Trainingshallen und Umkleide seien – im Gegensatz zu
       ihren Arbeitsplätzen in Marketing oder Vertrieb – gar „eine Zuflucht“
       gewesen, und hoben dabei ausdrücklich Trainer Rick Carlisle und Spieler wie
       Vince Carter und Nowitzki hervor. „Ich hatte niemals ein Problem mit einem
       Spieler“, wird eine der Betroffenen zitiert, „aber dann kam man zurück ins
       Büro und dort ging es zu wie im Zoo.“
       
       Vor allem Ussery, ein Harvard-Absolvent, der nach einer steilen Karriere in
       der NBA eine Zeit lang als potenzieller Liga-Boss gehandelt wurde, soll
       immer wieder Frauen verbal und körperlich belästigt haben. Anschuldigungen,
       die der 59-Jährige, der 2015 die Mavericks verließ, um beim
       Sportartikelhersteller Under Armour anzuheuern, in einer Erklärung
       abstreitet. Da Ussery seinen Job bei Under Armour nach nur drei Monaten
       schmiss, wird nun spekuliert, dass dort sein Verhalten sehr viel schneller
       nicht mehr toleriert wurde als in Dallas.
       
       Auch Nowitzki, der die Mavs 2011 zum einzigen NBA-Titel der Klubgeschichte
       geführt hat, zeigte sich schockiert: „Es ist sehr enttäuschend und traurig.
       Ich bin so angewidert wie alle. Ich bin schockiert, dass so etwas in
       unserem Klub, in meinem Klub passiert ist.“ Nowitzki drückte sein Mitgefühl
       mit den Opfern aus und äußerte die Hoffnung, dass Mark Cuban, der Besitzer
       der Mavericks, „den Klub jetzt wieder in die richtige Richtung bringt“.
       
       ## „Jeder wusste Bescheid“
       
       Genau das allerdings ist umstritten. Zwar hat Cuban schnell und vorbildlich
       reagiert. Er hat sich sofort bei den Opfern entschuldigt und selbst „große
       Fehler“ eingestanden. Er hat Sneed und Pittman entlassen und das Verhalten
       seiner ehemaligen Angestellten als „krank“ und „abscheulich“ bezeichnet.
       Der Milliardär hat eine umfassende Aufklärung versprochen und damit bereits
       zwei renommierte Juristen beauftragt.
       
       Und er will die Unternehmenskultur grundsätzlich verändern: Dazu hat er
       Cynthia Marshall eingestellt, die beim Spiel gegen die Pacers erstmals
       direkt hinter der Spielerbank neben dem Mavs-Boss saß. Marshall, zuvor
       Spitzenmanagerin beim Kommunikationsriesen AT&T und dort für Diversität
       zuständig, wird Geschäftsführerin. Bei einer Pressekonferenz vor dem Spiel
       versprach sie, die Mavericks zum Modellklub umzubauen.
       
       Trotzdem fragt sich nun die amerikanische Öffentlichkeit, wie es sein kann,
       dass ausgerechnet Cuban, der die Mavericks 2000 kaufte und Geschäftsführer
       Ussery übernahm, solche Zustände mehr als ein Jahrzehnt lang nicht
       bemerkte. Gilt Cuban doch als einer der NBA-Besitzer, die besonders nah an
       ihrem Klub dran sind. Cuban sitzt stets direkt hinter der Spielerbank,
       trainiert neben den Profis im Kraftraum und ist in die Kaderplanung
       involviert.
       
       Cuban entschuldigt sich damit, dass er sich nur um die sportliche Seite
       gekümmert, die geschäftliche aber Ussery überlassen habe. Unter dessen
       Ägide hatte sich der Umsatz der Mavericks nahezu verdreifacht. Aber dass
       der extrovertierte Besitzer keine Ahnung hatte, das kann sich kaum jemand
       vorstellen, auch eines der Opfer nicht: „Natürlich wusste Mark Bescheid.
       Jeder wusste Bescheid.“
       
       27 Feb 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.mavs.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Winkler
       
       ## TAGS
       
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