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       # taz.de -- Deniz Yücels Buch wird vorgestellt: Die Hoffnung bleibt
       
       > Prominente und Freunde von Deniz Yücel lesen aus seinem neu
       > veröffentlichten Buch. Der Journalist sitzt seit einem Jahr ohne Anklage
       > in Haft.
       
   IMG Bild: Liebe für Deniz Yücel: Buchvorstellung am Valentinstag im Festsaal Kreuzberg
       
       Der Festsaal Kreuzberg ist mit roten Luftballons geschmückt. Zwar ist
       Valentinstag, doch was aussehen mag wie eine Hochzeitsfeier, ist keine.
       Dennoch hört man im Vorfeld der Veranstaltung hupende Autos – sie fahren im
       „Korso der Herzen“ für Deniz Yücel. Die Demonstranten erinnern damit an die
       Inhaftierung des Journalisten, der seit einem Jahr im
       Hochsicherheitsgefängnis Silivri sitzt.
       
       Die Protestfahrt endet vor dem Festsaal Kreuzberg, der Freundeskreis
       [1][#FreeDeniz] lädt zur Bookrelease-Gala. Prominente wie Anne Will,
       Herbert Grönemeyer und Thees Uhlmann lesen Texte aus Yücels Buch „Wir sind
       ja nicht zum Spaß hier“, das eine Auswahl seiner journalistischen Texte und
       aktuelle Beiträge aus dem Gefängnis zusammenträgt. Es bleibt still, als
       taz-Redakteurin, Moderatorin und Herausgeberin Doris Akrap auf die Bühne
       tritt und daran erinnert, dass bereits vor einem Jahr eine
       Solidaritätsveranstaltung für Deniz im Festsaal Kreuzberg abgehalten wurde.
       „Der Grund hieß damals Free Deniz“, sagt sie, „und so heißt er leider auch
       heute.“
       
       Dass das Thema aus den Medien verschwinden würde, hat Akrap bereits vor
       einem Jahr nicht geglaubt und sie betont, [2][dass sie das auch heute nicht
       tue]: „Die letzten fast 365 Tage beweisen, dass mein Eindruck richtig war.“
       Die Pressestimmen und Solidaritätsbekundungen sind nicht verstummt. Doch
       auch sonst hat sich leider kaum etwas verändert. Deniz Yücel sitzt nach wie
       vor in Haft, eine Anklageschrift gibt es nicht. Die türkische Justiz
       beurteilt seine journalistischen Texte noch immer als „Terrorpropaganda und
       Volksverhetzung“.
       
       Akrap verliest zu Beginn eine Grußbotschaft von Deniz Yücel, die er den
       Anwesenden über seine Anwälte zukommen ließ. Darin bedankt er sich für die
       Solidarität, die ihm Hoffnung gebe. „Das werden sie mir vielleicht nicht
       glauben, aber ich kann das Tröten und Hupen bis hier hören“, schreibt er,
       und dass er ja aus bekannten Gründen nicht dabei sein könne. „Gut, ich weiß
       ja, was im Buch drinsteht“, fügt er hinzu. Verhaltenes Lachen vermehrt sich
       im Saal – zum ersten Mal, aber nicht zum letzten. Deniz Yücels Humor prägt
       die Stimmung an einem Abend, der von einer traurigen Tatsache überschattet
       wird: Der Türkei-Korrespondent der Welt kann auch in diesem Jahr nicht
       persönlich dabei sein.
       
       Auch wenn er nicht selbst sprechen kann, übergibt Akrap das Wort indirekt
       an ihn. Als Gustav Seibt aus der taz-Kolumne „Der Komissar“ das Stück
       „Bergiges Ödland bzw. ödes Bergland“ liest, erhellt Deniz Yücel mit seinem
       Text die Stimmung. Schauspieler Mark Waschke, der das Buch an diesem Abend
       zum ersten Mal in den Händen hält, möchte nach seinem ersten Text „Nein, du
       darfst nicht“ noch nicht aufhören, liest spontan zwei weitere, nämlich
       „Warum ich DKP wähle“ und „FDP, du fehlst“. Dabei muss er vor Lachen
       mehrmals innehalten. Das Publikum lacht mit.
       
       ## Das Lachen verstummt
       
       Doch das Gelächter verstummt an diesem Abend so schnell, wie es aufkommt.
       Die Blicke werden starr, als Journalistin und Autorin Yasemin Ergin den
       Text „Unser Himmel“ vorträgt. Es ist der einzige Text im Buch, den nicht
       Deniz Yucel verfasste, sondern seine Frau, [3][Dilek Mayatürk Yücel].
       
       Sie vergleicht das Schreiben mit dem Versenden von Tauben, die sie in die
       Welt schicke, um unermüdlich eine Nachricht weiterzutragen: „Ich habe es
       ihnen eingeschärft: Sie werden auf keinen Fall zurückkehren, ehe sie nicht
       die Herzen verschönert haben, auf denen sie gelandet sind“, schreibt Dilek
       Mayatürk Yücel. Eine der Tauben schicke sie ihrem Ehemann: „Wo auch immer
       du bist, strecke dein Haupt. Denn Deniz, mein Herz, unsere Himmel können
       sie nicht trennen.“
       
       Dilek Mayatürk Yücel und Deniz Yücel heirateten im April 2017 im
       Hochsicherheitsgefängnis Silivri. In seinem Grußwort schreibt Deniz an die
       Gäste der Veranstaltung: „Mir bereitet meine Verhaftung keine Sorgen. Mir
       bereitet das keine Sorgen, weil ich Dilek habe.“ Und die Verhaftung bereite
       ihm auch keine Sorgen, weil er seine Zeitung, seinen Verlag und den
       Freundeskreis #FreeDeniz hinter sich wisse.
       
       15 Feb 2018
       
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