URI: 
       # taz.de -- Saga veschleppt Sanierung: Stadt lässt Wohnraum verkommen
       
       > In der Schillerstraße vermodert ein denkmalgeschütztes Wohnhaus. Vor
       > Jahren warf die Saga die Mieter raus, um zu sanieren. Passiert ist
       > bislang nichts.
       
   IMG Bild: Sieht einladend aus, steht aber schon lange leer: Gründerzeithaus in der Schillerstraße
       
       Hamburg taz | Das Haus ist seit eineinhalb Jahren unbewohnt, trotzdem steht
       immer mal ein Fenster weit offen. Marc Meyer wundert das nicht. Dem Anwalt
       des Vereins Mieter helfen Mietern (MHM) melden ehemalige Mieter*innen und
       Anwohner*innen immer wieder offene Fenster in der Schillerstraße 16 in der
       Altonaer Altstadt. Meyer kennt den Zoff um das Gründerzeithaus von 1860
       genau. Er hat die damalige Hausgemeinschaft vertreten. Die hatte lange
       gegen die Entmietung durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft Saga
       gekämpft.
       
       Begonnen hatte alles im Juli 2012. Damals teilte die Saga den Mieter*innen
       mit, dass umfangreiche Sanierungen notwendig seien. „Das kam völlig
       überraschend“, sagt eine ehemalige Mieterin, die ihren Namen nicht nennen
       möchte. „Einige Male hatten wir Feuchtigkeit moniert, es hieß immer, die
       Bausubstanz sei einwandfrei. Wir müssten nur mal lüften.“
       
       Dann änderte die Saga ihre Meinung, plötzlich waren energetische Sanierung,
       neue Leitungen, Fenster, Bäder und ein neues Dach nötig. Die acht
       Mietparteien sollten für die Dauer der Bauarbeiten in Ersatzwohnungen
       unterkommen, laut Saga wurde allen Mieter*innen angeboten, „nach erfolgter
       Sanierung in das Gebäude zurückzuziehen“.
       
       Doch die Angebote seien „schwachmatisch“ gewesen, sagt die Exmieterin. So
       sollte eine vierköpfige Familie in eine Zwei-Zimmer-Wohnung ziehen.
       
       An die versprochene Rückkehr glauben die Mieter*innen und Anwalt Meyer
       spätestens nicht mehr, seit die Saga 2014 einen Antrag auf Feststellung
       vorläufiger Unbewohnbarkeit des Hauses stellte, den das Bezirksamt Altona
       jedoch abgelehnt haben soll.
       
       ## Mieter fühlten sich unter Druck gesetzt
       
       „Wir standen extrem unter Druck“, sagt die ehemalige Mieterin. Schließlich
       hätten sie nachgegeben und seien ausgezogen. Die letzte Mieterin harrte
       noch bis Juli 2016 aus. „Mit Vorwänden hat die Saga uns Mieter verdrängt.
       Sie hatte von vornherein kein Interesse, dass einer von uns Mietern wieder
       in das Haus zurückkommt“, sagt Exmieter Andree Wenzel.
       
       Im Garten hinter dem leeren Haus liegt noch ein Wäscheständer. Die
       Heizungen sind herausgerissen, durch ein offene Fenster sieht man ein Loch
       in der Decke.
       
       Man habe hier die Decke geöffnet, um den Zustand des Gebäudes zu prüfen,
       sagt Gunnar Gläser, Sprecher der Saga. Dabei wurde „ein hohes Schadensbild
       festgestellt“, sagt er, ohne konkreter zu werden. „Nach unseren Kenntnissen
       haben sie nicht mal den Schwamm gefunden, von dem sie behaupteten, es gäbe
       ihn. Und einsturzgefährdet sieht das wohl nicht aus“, sagt Anwalt Meyer.
       
       ## Stadtentwicklungsbehörde bleibt passiv
       
       Die Denkmalschutzbehörde schreibt in einer Broschüre von einem „noblen
       klassizistischen Wohnhaus“. Die Elbe erreiche man zu Fuß in fünf Minuten,
       steht da, den Altonaer Bahnhof ebenso.
       
       Eine Lage, die auch Bürgermeister Olaf Scholz gefällt. Er wohnt nur einen
       Katzensprung entfernt. Ihm schrieb die Hausgemeinschaft der Schillerstaße
       16 im Jahr 2014 einen Brief. „Es ist erklärtes Ziel des Senats, dem in
       vielen Stadtteilen als Folge von Luxussanierungen und Wohnungsumwandlungen
       auftretenden Aufwertungs- und Verdrängungsdruck mit allen Kräften
       entgegenzuwirken“, schrieb daraufhin die Stadtentwicklungsbehörde.
       
       Passiert ist seitdem nichts. Meyer ist verärgert, dass ein städtisches
       Wohnungsbauunternehmen ein „bis dato gut funktionierendes Mietshaus“
       entmietet und verkommen lässt. „Es gibt in dieser Stadt eine Riesennot,
       Menschen unterzubringen.“ Man müsse der Saga die Pistole auf die Brust
       setzen.
       
       Die wiederum teilt nun mit, dass das Bezirksamt Altona am 9. Februar 2018
       die Baugenehmigung erteilt habe. Im vierten Quartal dieses Jahres sollen
       die Bauarbeiten beginnen.
       
       2 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Juliane Preiß
       
       ## TAGS
       
   DIR Mieten
   DIR Sanierung
   DIR Denkmalschutz
   DIR Wohnraum
   DIR Wohnungsunternehmen Saga
   DIR Clubszene
   DIR Vermieter
   DIR Schwerpunkt Rassismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Waagenbau, Astra Stube und Fundbureau: Neues Zuhause für Clubs
       
       Die Stadtentwicklungsgesellschaft will am Bahndamm Sternschanze ein
       Kulturhaus für heimatlos gewordene Clubs bauen. Die Idee hat auch Gegner.
       
   DIR Illegale Vertragsabschlussgebühr: Ein Wohnungsunternehmen zockt ab
       
       Die Grundstücksgesellschaft Nordelbe versucht mit illegalen Tricks, seinen
       Mieter*innen das Geld aus der Tasche zu ziehen. In Wilhelmsburg formiert
       sich Protest.
       
   DIR Diskriminierung in Hamburg: Türkische Namen aussortiert
       
       Das Wohnungsunternehmen Saga/GWG benachteiligte eine Wohnungssuchende wegen
       ihres Namens. Nun bekommt die Frau eine Entschädigung.