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       # taz.de -- „Tatort“ aus Ludwigshafen: Fremdschämen beim Impro-Smalltalk
       
       > Im Schwarzwaldhof landen Menschenknochen im Abendessen. Für das
       > vielversprechende Szenario fehlt aber das entsprechende Drehbuch.
       
   IMG Bild: Eingeschneite Kommissare, gekappte Telefonleitungen: Bleibt nur noch Tai-Chi
       
       Sie sind stur beim Südwestdeutschen Rundfunk. Voriges Jahr gab’s den ersten
       „Tatort“ mit dem Ludwigshafener Ermittlerinnenteam um Lena Odenthal (Ulrike
       Folkerts), der ohne Dialoge im Drehbuch auskommen wollte. „Mumblecore“
       heißt das bei den Filmleuten, und Filme wie „Victoria“ von Sebastian
       Schipper haben gezeigt, dass so etwas ziemlich großartig werden kann. Das
       letzte Improvisationsexperiment in Ludwigshafen scheiterte aber: miese
       Quote und schlechte Kritiken, die sich über vorgeführte
       LaiendarstellerInnen und überforderte Profis echauffierten.
       
       Und jetzt lässt man Regisseur Axel Ranisch (der auch schon so einen tollen
       Impro-Film wie „Dicke Mädchen“ gedreht hat) das Gleiche einfach noch einmal
       machen. Das ist schon mutig, denn schlechte Quoten und zweite Chancen
       schließen sich im Fernsehen eigentlich aus.
       
       Nun möchte man gerne sagen: Besser ist’s geworden. Ist es aber nicht. Das
       größte Problem ist immer noch, dass die SchauspielerInnen ein Problem mit
       der Impro-Idee haben. Zum Beispiel gleich zu Beginn: Da verirren sich
       Odenthal und ihr Team auf dem Weg zum Coachingseminar mit dem Kleinbus im
       Schwarzwald. Was sagt man da, wenn nichts im Drehbuch steht? Folkerts
       scheint sich beim Impro-Smalltalk genauso unwohl zu fühlen wie die
       ZuschauerInnen, die das mitansehen müssen. Man merkt, dass das Ensemble so
       viel mit dem Improvisieren an sich zu tun hat, dass es sich nicht
       freispielen kann. Und das anzuschauen macht halt keinen Spaß.
       
       Passiert denn wenigstens noch ein Mord? O ja. In dem abgelegenen
       Schwarzwaldhof, in dem sich das Team für das Seminar eingemietet hat,
       findet Teamtrainer Fröhlich (Peter Trabner) beim Abendessen einen
       menschlichen Zehenknochen im Gemüse. Eine schon etwas ältere Leiche:
       Hofbewohnerin Doro Lorenz (Eva Bay) hat den Knochen unter das Essen
       gemischt – es sind die ihrer vor 27 Jahren ermordeten Mutter und es ist
       Doros eigenwilliger Versuch, die Ermittlungen noch einmal aufrollen zu
       lassen. Denn sie glaubt nicht daran, dass ihr Onkel und Hofbesitzer Bert
       Lorenz (Heiko Pinkowski), der damals verurteilt wurde, wirklich der Mörder
       ist.
       
       Dann soll sich eine Art Kammerspiel-Dramaturgie entwickeln: eingeschneite
       Kommissare, eine frische Leiche, die im Zusammenhang mit dem verjährten
       Mord steht, gekappte Telefonleitungen. Der Schwarzwaldhof als
       Overlook-Hotel (die Absteige aus dem Horrorthriller „Shining“). Coole Idee.
       Bloß das Drehbuch hat gefehlt.
       
       4 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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