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       # taz.de -- PSG gegen Real in der Champions League: Krösus im Kampfmodus
       
       > PSG muss im Achtelfinalrückspiel der Champions League gegen Real Madrid
       > ein 1:3 drehen und brennt ein wahres Propagandafeuerwerk ab.
       
   IMG Bild: Schulterschluss: Selbst die gefürchteten Pariser Ultras werden seit Neuestem vom Team umgarnt
       
       Bedrohlich posieren vermummte Ultras in dunkel-orangenem Rauch. Bengalos
       und ein Touch von Apokalypse, dazu eine bedeutungsschwangere Stimme, die
       sagt: „Sie haben elf Männer, wir haben elf Krieger.“ Piratenvideo aus der
       extremen Fanszene? Nicht ganz – der offizielle Motivationsclip von Paris
       St. Germain vor dem Champions-League-Match gegen Real Madrid. In diesem
       muss der Krösus des europäischen Fußballs heute ein 1:3 aus dem Hinspiel
       umbiegen, und nach vielen Enttäuschungen der letzten Jahre hat sich
       unübersehbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass solche Unternehmungen allein
       mit exquisitem Fußball nicht zu bewerkstelligen sind.
       
       Schon wenige Stunden nach Abpfiff der Partie in Madrid forderte der
       katarische Klubpräsident Nasser Al-Khelaifi von sämtlichen
       Vereinsabteilungen einen Vorschlag für die Generalmobilisierung aller
       Kräfte für das Rückspiel. Herausgekommen ist „Ensemble on va le faire“, so
       das Motto: „Gemeinsam werden wir es schaffen.“ Eine Kampagne, in der es vor
       Pathos trieft, in der es vor allem flackert und brennt – und in der
       gezündelt wird, wo es nur geht.
       
       Ganz Paris soll schon am Morgen des Spieltags die PSG-Farben durch die
       Stadt spazieren tragen, dazu ruft der Klub auf. Derweil übertrug das
       Vereinsfernsehen ein arrangiertes Treffen am Trainingsplatz zwischen
       PSG-Profis und Ultraführern. Die Spieler sollen sich dabei mäßig wohl
       gefühlt haben, die Anhängerschaft des PSG gilt als eine der gefährlichsten
       Europas. Dazwischen immer wieder neue Botschaften, Tweets mit
       trommelwirbelnden und bengaloschwingenden Fans. Sowie zur Abrundung ein
       wohl getimtes Interview des sonst eher öffentlichkeitsscheuen
       Sportdirektors Antero Henrique in der L’Équipe vom Sonntag, in dem es nicht
       zuletzt um Schiedsrichter ging.
       
       „Im Hinspiel wirkten äußere Einflüsse, es war keine Partie zwischen den
       Spielern“, so Henrique. „Die Wahl von (Referee Gianluca, d. Red.) Rocchi
       war eine Respektlosigkeit gegenüber Paris und Frankreich“. Vom
       Rückspiel-Schiedsrichter Felix Brych erhoffe er eine „herausragende
       Leistung“. Damit „nicht wieder dasselbe passiert wie letztes Jahr gegen
       Barcelona“.
       
       ## Die Mannschaft und ihr Mentalitätsproblem
       
       Zwar leistete sich Rocchi nicht so eklatante Fehler wie der Deutsche Denis
       Aytekin beim epochalen 1:6 in Katalonien vor Jahresfrist, aber strittige
       Entscheidungen – etwa Reals Elfmeter nach theatralischem Fall von Toni
       Kroos – fielen zuverlässig zugunsten der Heimelf. „Ich weiß, wir sind nicht
       Madrid oder Barcelona, aber allmählich reicht’s“, zeterte Khelaifi, ein
       Hinweis darauf, was in Paris alle denken: die seltsamen Ansetzungen in
       Auswärtsspielen – weder Rocchi noch Aytekin gehören (anders als Brych) zur
       kontinentalen Elite – hält man auch für eine Form der Besitzstandswahrung
       des alten Fußballadels.
       
       Auf der anderen Seite übertünchen die Schiedsrichterschelten nur das
       wirkliche Ziel der ganzen Motivationspropaganda: die eigene Mannschaft und
       ihr Mentalitätsproblem. Die Pleite in Madrid durch zwei späte Tore nach
       einer zuvor phasenweise dominanten Vorstellung erweckte wieder alle Dämonen
       eines Vereins, der in den entscheidenden Europacup-Partien seine
       Petrodollars einfach nicht in Resultate umgemünzt bekommt. Ein einziges
       heroisches Match ist vom Katar-PSG in Erinnerung: in Unterzahl drehte er
       das Achtelfinale 2015 bei Chelsea. Weiter als ins Viertelfinale ging es
       allerdings auch damals nicht, immer endeten die kühnen Visionen in
       Tristesse.
       
       Auch diese Zeiten werden von einem Video versinnbildlicht. Nach dem 1:6 von
       Barcelona kursierte ein Mitschnitt von einem Essen der PSG-Profis Verratti,
       Meunier, Matuidi und Julian Draxler aus den Tagen vor dem Spiel, in dem sie
       ehrfurchtsvoll, durchaus klug und sehr sympathisch über die Chancen Barças
       diskutierten, mit dem imposanten Camp Nou im Rücken das 0:4 aus dem
       Hinspiel noch umzubiegen. Diese fast schon kontemplative Haltung zeigten
       sie dann allerdings auch auf dem Platz. Nun will man beim PSG also auch mal
       ein bisschen böse sein.
       
       Pfeifen im Walde? Als teamintern größter Stimulus gilt etwas ganz Anderes.
       Seit der Verletzung des am Mittelfußknochen operierten Neymar gehe eine
       Woge der Vorfreude durch die Kabine, heißt es. Monatelang hatte der
       222-Millionen-Euro-Mann die Mitspieler durch seine Allüren und Privilegien
       zu Komparsen degradiert. Als es darauf ankam, brachte er sie in Madrid
       jedoch auch nicht weiter. Nun haben die Verkannten und Gedemütigten ihre
       Chance zu zeigen, dass es ohne ihn viel besser geht.
       
       6 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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