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       # taz.de -- Urteil gegen Blogger: Wir sind (nicht) AfD ;)
       
       > Nathan Mattes überlegt, ob er seine Webseite „wir-sind-afd.de“ in der
       > Berufung verteidigt. Ein Gericht sieht das Namensrecht verletzt.
       
   IMG Bild: Die sind AfD. Alexander Gauland (r.) wird auf der Seite zitiert mit: „Wir müssen die Grenzen dicht machen und dann die grausamen Bilder aushalten.“
       
       Freiburg taz | Der AfD-kritische Blogger Nathan Mattes erfährt große
       Solidarität im Netz, nachdem er einen Prozess beim Landgericht Köln
       verloren hat. Er muss die Domain seiner Seite „wir-sind-afd“ aufgeben, weil
       sie das Namensrecht der AfD verletzt. Das Urteil ist aber noch nicht
       rechtskräftig.
       
       Mattes betreibt die Seite „[1][wir-sind-afd.de]“ seit 2015. Er hat dort
       zwanzig Originalzitate von AfD-Politikern mit Quellenangaben
       zusammengestellt. Ein Beispiel: „Von der NPD unterscheiden wir uns
       vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr
       durch Inhalte“, so der Tübinger AfD-Bundestagskandidat Dubravko Mandic.
       
       Im April 2017 hat die AfD den 25-jährigen Mattes abgemahnt. Als Mattes
       nicht nachgab, klagte die AfD. Zunächst mit Erfolg. Anfang Februar
       entschied das Landgericht Köln: Der Blogger muss die Domain aufgeben und
       löschen lassen.
       
       In dem Prozess ging es nicht um die Inhalte der Seite. Mattes könne seine
       Kritik an der AfD durchaus äußern, so die Richter, aber nicht auf einer
       Seite mit dem Domainnamen „wir-sind-afd“. Problematisch sei allenfalls die
       Aussage „Wir sind eine rechtsextreme, rassistische, menschenverachtende
       Partei“ in der Kopfzeilen der Seite. Dieser Satz ist – im Gegensatz zum
       Rest der Seite – kein Zitat, sondern wurde der AfD von Mattes
       untergeschoben. Dies stufen die Richter als „reine Schmähkritik“ ein, die
       verboten wäre. Darauf kam es aber laut Landgericht gar nicht an, weil es
       hier nur um das Namensrecht der AfD ging.
       
       ## „Dekonstruktion der AfD durch Transparenz“
       
       Die Verwendung der Domain „wir-sind-afd“ erwecke zunächst den Eindruck, die
       Seite stamme von der AfD oder sei von ihr autorisiert. Dies führe zu einer
       „Zuordnungsverwirrung“, so das Landgericht. Dies sei von Mattes auch
       beabsichtigt. Er wolle Internet-Nutzer auf die Seite lenken, die eine Seite
       von AfD-Gegnern nicht besuchen würden. Der Identitätirrtum werde „als
       Mittel der Meinungsmache“ benutzt. Es komme nicht darauf an, dass ein
       aufmerksamer Leser alsbald merke, dass die Seite wohl von AfD-Gegnern ins
       Netz gestellt wurde.
       
       Diese unbefugte Benutzung des Kürzels AfD verletze auch die berechtigten
       Interessen der Partei, so das Urteil. Entscheidend sei, dass der Name der
       AfD benutzt werde, „um gegen sie Propaganda zu machen“.
       
       Mattes dagegen könne sich zwar auf die Meinungsfreiheit berufen. Diese sei
       aber durch das zivilrechtliche Namensrecht begrenzt. Zwar müsse das
       Zivilrecht mit Blick auf die Grundrechte ausgelegt werden, hier gehe das
       Namensrecht aber vor. Gerade im Wahlkampf habe die AfD ein Interesse
       gehabt, „Verwechslungsgefahr“ zu vermeiden. Mattes dagegen habe seine
       Kritik an der AfD auch anders äußern können. Er könne seine Meinung sagen,
       müsse es aber im eigenen Namen tun und „nicht unter Missbrauch des Namens
       des Gegners“. Mattes könne sich auch nicht darauf berufen, er betreibe
       Satire oder eine Parodie. Satire ziehe etwas durch Übersteigerung ins
       Lächerliche, referieren die Kölner Richter, rufe aber keinen Irrtum über
       den Urheber hervor.
       
       Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, kritisierte das Urteil in
       seinem Podcast „Lage der Nation“. Das Kölner Gericht habe übersehen, dass
       es auf der Seite „wir-sind-afd.de“ um „Dekonstruktion der AfD durch
       Transparenz“ gehe. „Es ist ja gerade der Witz der Seite, dass der Eindruck
       erweckt wird, die AfD spreche selbst“. Aber auch Buermeyer räumt ein, dass
       es sich hier um einen „rechtlichen Grenzfall“ handele.
       
       Eine Freundin von Mattes hat inzwischen ein Crowdfunding gestartet, um die
       Prozesskosten zu decken. Dabei sind schon über 50 000 Euro
       zusammengekommen. Bis Mitte März will Mattes nun entscheiden, ob er
       Rechtsmittel einlegt und in die Berufung zum Oberlandesgericht Köln geht.
       
       20 Feb 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://wir-sind-afd.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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