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       # taz.de -- Prozesse um Haasenburg-Skandalheime: Beschwerden für die Tonne
       
       > Brandenburgs Justiz zeigt bei der Aufarbeitung der Misshandlungen von
       > Heimkindern keinen Ehrgeiz. Sie informiert das Justizministerium falsch.
       
   IMG Bild: Das Tor ist für immer zu, die Akten bald auch: Heime der Haasenburg GmbH
       
       Hamburg taz | Politik und Justiz in Brandenburg nehmen für sich in
       Anspruch, den Skandal um die 2013 geschlossenen Haasenburg-Heime nach
       besten Wissen und Gewissen aufzuklären. Doch das Justizministerium gab dazu
       kürzlich eine falsche Auskunft: Die Linke hatte in einer Parlamentarischen
       Anfrage zum Stand der strafrechtlichen Ermittlungen gefragt, ob eine
       Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die ermittelnde Staatsanwaltschaft
       vorliege. Das Ministerium verneinte. Dabei hatte die taz über eine
       Beschwerde bereits [1][im Dezember 2015 berichtet].
       
       Die Aufarbeitung der Missstände in den Haasenburg-Heimen geht in die
       vielleicht letzte Runde: Am 22. März soll vor dem Amtsgericht Strausberg
       die vierte und voraussichtlich letzte Anklage gegen Erzieher der Heime
       verhandelt werden. Alle übrigen der ursprünglich 70 Verfahren wurden
       eingestellt.
       
       Die Linken-Abgeordnete Gerrit Große hatte sich Anfang Dezember mit der
       „Kleinen Anfrage 3095“ nach dem Ausgang der Ermittlungen erkundigt. Sie
       fragte darin auch „Gab es im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur
       Haasenburg GmbH Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Staatsanwaltschaft?“
       Justizminister Stefan Ludwig, ebenfalls von der Linkspartei, antwortete, es
       habe im Zusammenhang mit den Ermittlungen zur Haasenburg GmbH “keine
       persönlichen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Bedienstete der
       Staatsanwaltschaft“ gegeben.
       
       Das war seltsam. Denn der Hamburger Rechtsanwalt Carsten Gericke, der zwei
       ehemalige Haasenburg-Bewohner wegen erlittener Misshandlungen vertritt,
       hatte bereits im August 2015 Zweifel, ob die zuständige Staatsanwältin
       korrekt arbeitet. Und er äußerte sie in Form einer
       Dienstaufsichtsbeschwerde. Seine Kritik: Die Staatsanwaltschaft habe im
       Fall seines Mandanten die Verfahren in die Verjährung laufen lassen, ohne
       überhaupt Zeugen zu hören. „Die Akten lagen vor und es passierte nichts“.
       
       Gericke regte in der Dienstaufsichtsbeschwerde an, die
       Generalstaatsanwaltschaft sollte prüfen, wie viele weitere Verfahren des
       Haasenburg-Komplexes durch Verjährung und „mangels hinreichender Förderung“
       durch diese Juristin eingestellt worden waren.
       
       ## Dienstaufsichtsbeschwerde „übersehen“
       
       Die Dienstaufsichtsbeschwerde hatte nach taz-Informationen keinen Erfolg.
       Doch warum hat das Ministerium ihre Existenz nun ausdrücklich bestritten?
       Die Grüne Jugendpolitikerin Marie-Luise von Halem fasste Anfang Februar mit
       einer weiteren Anfrage noch einmal nach, in der sie auch aus dem
       taz-Bericht zitierte und das Datum der Dienstaufsichtsbeschwerde nannte.
       Und siehe da: In der Antwort, die seit Donnerstag vorliegt, muss sich der
       Justizminister nun korrigieren: „Ja. Diese persönliche
       Dienstaufsichtsbeschwerde ist nunmehr aufgrund der aktuellen Recherche
       durch die Staatsanwaltschaft Cottbus und die Generalstaatsanwaltschaft des
       Landes Brandenburg mitgeteilt“, heißt es in der Antwort. Und weiter: „Sie
       war dort im Rahmen der Kleinen Anfrage 3095 übersehen worden“.
       
       Diese Antwort ist erstaunlich. Denn die taz hatte im Rahmen ihrer
       Recherchen im Herbst 2015 bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft
       nach der Beschwerde und dem Umgang damit gefragt. Es sind nur wenige
       Akteure beteiligt. Und kaum ein Anwalt hat wie Gericke für seine Mandanten
       Beschwerde eingelegt.
       
       In der Sache bleibt das Justizministerium bei der Auskunft, dass kein
       Verfahren ausschließlich wegen Verjährung eingestellt worden sei. Doch ein
       Verfahren umfasst hier meist mehrere Tatvorwürfe. Die Frage, wie viele
       einzelne Tatvorwürfe wegen Verjährung eingestellt wurden, könne man nicht
       spezifizieren, unter anderem sei dies bei verjährten Vorwürfen nicht
       zulässig.
       
       Gericke hat übrigens im Januar 2018 auch die Einstellung für das Verfahren
       seines zweiten Mandanten erhalten. Und er hat auch dagegen Beschwerde
       eingelegt. Trotz des mehr als vierjährigen Verfahrens beschränkten sich die
       Ermittlungen im wesentlichen auf Aktenauswertung. Gericke: „Es wurden die
       Akten nur unvollständig und selektiv ausgewertet und wieder keine Zeugen
       gehört.“
       
       21 Feb 2018
       
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