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       # taz.de -- Waffenexportstopp nach Saudi Arabien: Nicht auf Deutschland angewiesen
       
       > Wegen des Jemen-Krieges bekommt Saudi Arabien keine Waffen mehr aus
       > Deutschland. Die dortige Regierung hat dafür kein Verständnis.
       
   IMG Bild: Szene nach einem saudischen Luftangriff im Jemen
       
       Berlin dpa | Saudi-Arabien hat irritiert auf den deutschen
       Rüstungsexportstopp für die am Jemen-Krieg beteiligten Länder reagiert. Der
       saudische Außenminister Adel al-Dschubair nannte die Entscheidung der
       Bundesregierung „seltsam“, machte aber gleichzeitig deutlich, dass sein
       Land nicht auf deutsche Waffen angewiesen ist. „Wir brauchen eure
       Rüstungsgüter nicht. Wir werden sie woanders finden“, sagte er an die
       Adresse Deutschlands.
       
       Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen auf einen
       Exportstopp für alle Länder verständigt, die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg
       beteiligt sind. Saudi-Arabien führt eine Allianz von neun Staaten an, die
       seit 2015 in dem ärmsten Land auf der arabischen Halbinsel gegen die vom
       Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft.
       
       Union und SPD hatten den Exportstopp bereits in ihren Sondierungsgesprächen
       über eine neue große Koalition vereinbart. Die Bundesregierung erklärte
       daraufhin Mitte Januar, dass sie keine Exportentscheidungen mehr treffen
       werde, die dieser Vereinbarung widersprechen. Im Klartext bedeutete das,
       dass bereits jetzt keine Genehmigungen mehr für Rüstungslieferungen nach
       Saudi-Arabien erteilt werden.
       
       Al-Dschubair zeigte dafür kein Verständnis. „Der Jemen-Krieg ist ein
       legitimer Krieg“, betonte er. Die jemenitische Regierung habe um die
       Intervention gebeten, und sie sei von einer Resolution des
       UN-Sicherheitsrats gedeckt. Der 55-jährige Chefdiplomat sagte, dass
       Deutschland ja auch Rüstungsgüter an Staaten liefere, die am Kampf gegen
       den IS in Syrien und im Irak oder gegen die Taliban in Afghanistan
       beteiligt seien. Die Bundesregierung mache bei ihren Exportentscheidungen
       also einen Unterschied zwischen „legitimen Kriegen“. „Das kommt mir seltsam
       vor und trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der deutschen Regierung bei“, sagte
       al-Dschubair.
       
       Das ölreiche Saudi-Arabien zählte bisher zu den besten Kunden der deutschen
       Rüstungsindustrie. 2017 lag die aufstrebende Regionalmacht auf Platz 6 mit
       Exportgenehmigungen im Wert von 255 Millionen Euro. Außer den USA, Russland
       und China gibt kein anderes Land der Welt mehr Geld fürs Militär aus. Nach
       Informationen des Friedensforschungsinstituts Sipri entsprechen die
       Verteidigungsausgaben zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zum
       Vergleich: Deutschland gibt 1,2 Prozent aus.
       
       ## Ohnehin belastete Beziehungen
       
       Wegen der Menschenrechtslage in dem Königreich sind Rüstungsexporte dorthin
       aber schon seit Jahrzehnten höchst umstritten. Al-Dschubair sagte zu der
       innenpolitischen Diskussion in Deutschland: „Wir werden uns nicht selbst in
       eine Lage bringen, in der wir zum Spielball werden.“ Entweder Deutschland
       bewähre sich als zuverlässiger Lieferant von Rüstungsgütern oder nicht.
       „Wenn Deutschland ein Problem damit hat, Waffen nach Saudi-Arabien zu
       liefern, dann wollen wir Deutschland auch nicht unter Zugzwang setzen.“
       
       Die Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und Deutschland sind ohnehin schon
       schwer belastet, seit Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) der Regierung in
       Riad indirekt „Abenteurertum“ in den Konflikten im Nahen Osten vorgeworfen
       hat. Der saudische Botschafter wurde deshalb aus Berlin abgezogen und ist
       bis heute nicht zurückgekehrt – obwohl Gabriel seine Äußerung inzwischen
       relativiert hat. Er hat sich auch gegen den Export von Bauteilen für eine
       Gewehrfabrik in Saudi-Arabien gestemmt.
       
       Ganz werden die Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien bei einer neuen
       Koalition trotz Jemen-Kriegs aber nicht eingestellt. Bereits genehmigte
       Exporte sollen laut Koalitionsvertrag nicht gestoppt werden. Dazu zählen
       Patrouillenboote, die von der Lürssen-Werft in Wolgast in
       Mecklenburg-Vorpommern produziert werden.
       
       23 Feb 2018
       
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