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       # taz.de -- FC St. Pauli gegen sexistische Werbung: Susi lässt die Puppen weiter tanzen
       
       > Der FC St. Pauli verbietet sexistische Werbung, hält aber an Tänzerinnen
       > fest. Die Brauerei Astra will sich an die neuen Regeln im Stadion halten,
       > aber ihre Kampagnen fortführen
       
   IMG Bild: Betreibt im Millerntor-Stadion ein Separee mit Table-Dancerinnen: Susis Showbar
       
       Hamburg taz | Der Fußballverein FC St. Pauli verbannt sexistische Werbung
       aus dem Millerntorstadion. Die Nahaufnahme auf den leicht bekleideten
       Oberkörper einer Barfrau, die ein Bier auf Brusthöhe hält, mit dem Spruch
       „Danach leckst du dir die Finger“ will der Verein seinem langjährigen
       Sponsor, dem Bierhersteller Astra, nicht mehr durchgehen lassen. Gemeinsam
       mit der Organisation Pink Stinks hat St. Pauli „Regeln für Kommunikation
       ohne sexistische Kackscheiße“ aufgestellt. Werbung solle Menschen nicht als
       sexuelle Gebrauchsgegenstände darstellen[1][, heißt es im zugehörigen
       Flyer]. Leicht bekleidete Tänzerinnen dürfen im Stadion aber trotzdem
       weiter auftreten.
       
       Konkret geht es dabei um ein sogenanntes Separee des Stadions. Verschiedene
       Firmen haben solche Logen gemietet, darunter die Sponsoren Astra und Under
       Armour – sowie Susis Showbar, ein Stripklub vom Hamburger Kiez. Dort wird
       laut St.-Pauli-Sprecher Christoph Pieper in der Halbzeit und nach den
       Heimspielen getanzt. „Bei den Tänzerinnen handelt es sich um
       selbstbestimmte Sexarbeiterinnen, die bekleidet in einem Raum entertainen
       und dafür bezahlt werden“, sagt Pieper. Öffentlich einsehbar sei das
       Separee nicht.
       
       Carmen Zakrzewski vom Landesfrauenrat in Hamburg kritisiert die Tanzshows
       trotzdem als sexistisch. „Statt ihre Klientel mit leckeren Speisen oder
       Cocktails anzuziehen, locken sie sie mit den Frauen“, sagt Zakrzewski. St.
       Pauli sei Nutznießer dieser Vermietung. Wenn sich der Verein einerseits
       gegen sexistische Werbung stelle, andererseits aber die Halbzeittänze
       dulde, wirke ersteres wie ein Marketinggag. „Dann sollten sie auch
       konsequent sein.“
       
       ## „Tabledance gehört nicht ins Stadion“
       
       Tilman M. Braun vom Fanklubsprecherrat des Vereins ist froh darüber, „dass
       sich das neue Präsidium beim Marketing richtig reinkniet, um Dinge zu
       verändern“. Das Separee stört auch die organisierten Fans: „Wir finden das
       nach wie vor scheiße und hätten den Tanz am liebsten ganz raus aus dem
       Stadion“, sagt Braun.
       
       Durch die Zusammenarbeit mit Pink Stinks könne man nun auch das Verhalten
       der Mieter in den Separees neu bewerten. „Im Stadion sollte man sich vor
       allem auf Fußball konzentrieren“, sagt Braun. „Events wie Tabledance
       gehören nicht ins Stadion – genau wie sexistische Werbung.“
       
       Die Organisation Pink Stinks, die [2][eine Meldestelle für sexistische
       Werbung] betreibt, hält sich bei der Frage nach den Tänzerinnen zurück.
       „Sexismus und Sexarbeit sind nicht das gleiche“, sagt Mitarbeiter Nils
       Pickert. Auslöser für die Zusammenarbeit mit dem FC St. Pauli war im
       vergangenen Jahr die Werbung eines Autohauses mit der Aufschrift „Nix für
       Pussys“.
       
       Daraufhin hat sich St. Pauli mit Pink Stinks zusammengesetzt und die Regeln
       für Werbung erarbeitet. „Es spricht nichts dagegen, in der Werbung mit
       Nacktheit zu spielen“, sagt Pickert. Es müsse aber einen Zusammenhang zum
       Produkt geben: Werbe eine Frau in Unterwäsche für einen BH, sei das okay.
       Werbe sie in Unterwäsche für einen Sessel, nicht.
       
       Pink Stinks hat bei Sponsor Astra einige sexistische Plakate gefunden. Der
       Bierhersteller hat zugestimmt, dass diese in dem Flyer mit den neuen Regeln
       auftauchen – darunter die oben beschriebene Brust-Bier-Kombi oder ein
       Plakat, auf dem über einem Frauenpo der Spruch „Neu: Der Astra
       Tatsch-Screen“ steht. „Das geht klar in den übergriffigen Bereich“, sagt
       Pickert.
       
       ## Astra will „Zeitgeist“ Rechnung tragen
       
       Auch Astra gibt sich bei diesem Plakat geläutert. „Mit so einem Plakat
       würden wir heute nicht mehr an die Öffentlichkeit gehen“, sagt
       Astra-Sprecher Christoph Boneberg über die Werbung von 2008. Falsch findet
       er es trotzdem nicht. „Der Zeitgeist hat sich geändert. Damals hat das
       Wortspiel zur Kampagne gepasst.“
       
       Die Bilder für den Flyer habe das Unternehmen freigegeben, um sich der
       Diskussion zu stellen. „Das heißt nicht, dass wir immer zustimmen.“ Ob
       etwas als sexistisch empfunden werde, sei sehr subjektiv. Astra selbst
       bewerte etwa das Plakat mit der Oberkörper-Nahaufnahme nicht als
       sexistisch. „Es ist nie unser Anliegen, sexistische Werbung zu machen,
       sondern Werbung mit einem Augenzwinkern“, sagt Boneberg.
       
       Auch wenn man sich im Stadion an die Vorgaben von St. Pauli halte, die Art
       der Werbung werde sich nicht komplett verändern, sagt Boneberg. „Wir werden
       unsere Agentur in ihrer Kreativität nicht durch Vorgaben einschränken – die
       Filter in der Kreation werden erst am Schluss gesetzt.“
       
       Pickert von Pink Stinks hofft, dass andere Fußballvereine nachziehen und
       sexistische Werbung ebenfalls aus ihren Stadien verbannen. „Wir hoffen,
       dass das Pilotcharakter hat.“
       
       9 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.fcstpauli.com/news/fc-st-pauli-und-pinkstinks-entwickeln-regelwerk-fuer-sexismusfreie-kommunikation/
   DIR [2] https://werbemelder.in/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrea Scharpen
       
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