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       # taz.de -- Die Wahrheit: Krieg dem Handelskrieg!
       
       > Anders als der klassische klirrende Waffengang sind Straf- und
       > Schutzzölle eine unwürdige Form der Auseinandersetzung.
       
   IMG Bild: Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt, hat immer einen Stahlstab für ein Stahlbad zur Hand
       
       Der Krieg, fröhliches Stelldichein für abenteuerliche Herzen, Hygiene der
       Menschheit, Motor der natürlichen Auslese – was wären wir ohne ihn? Mit
       Recht gilt er unter den Weisen als Vater aller Dinge. Den schlaffen
       Weichling erzieht er zum kernigen Kerl, den zweifelnden Intellektuellen zum
       Herold des Heeres, den feigen Pazifisten zum beherzten Mörder mit gutem
       Gewissen. Eine Uniform schmückt jeden Mann, keine Frau verweigert einem
       feschen Krieger einen Kuss – besonders dann nicht, wenn er ihr den
       Gewehrlauf an den Schädel hält.
       
       Aber leider sind nicht alle Kriege so schön. Es gibt Kriege, die den
       ehrenvollen Namen zu Unrecht tragen, in denen kein Schuss abgefeuert, kein
       Orden verliehen, keine Feldtoilette ausgehoben wird, sogenannte
       Handelskriege. Sie sind die Schande der Menschheit und verursachen die
       größten Übel, die man sich denken kann. Während im echten Krieg nur Blut in
       den Sand rinnt, geht in ihnen ein viel köstlicherer Lebenssaft verloren:
       Geld! Mit Recht machen uns daher die Meldungen über einen drohenden
       Handelskrieg zwischen den USA und Europa größere Sorgen als Berichte über
       kranke und hungernde Opfer des Bürgerkrieges in Dings.
       
       Der blonde Erzschurke Donald Trump plant, Strafzölle auf Importe zum Schutz
       der heimischen Produktion zu erheben. Mit Recht ist die Europäische Union
       empört darüber, dass die fiesen Amis nun das tun wollen, was die Europäer
       schon lange machen. Es sind auch nicht irgendwelche Waren, um die es da
       geht! Da ist zum einen der Stahl, mit dem im Kapitalismus traditionell die
       Bäder befüllt werden. Friedrich Julius Stahl, Stalin, Holger Stahlknecht –
       nur die härtesten Männer und glänzendsten Geister eines Landes dürfen sich
       traditionsgemäß mit dem edelmetallischen Namen schmücken. Fast noch
       bedeutender ist das Aluminium, der Rohstoff, aus dem wir jene
       Kopfbedeckungen fertigen, die uns vor den Todesstrahlen aus den
       Raumschiffen der zionistischen Delfinmenschen vom Sirius schützen. Es geht
       um alles!
       
       Dennoch ist Vorsicht geboten, müssen wir mit Augenmaß handeln, wollen wir
       nicht der exportorientierten deutschen Wirtschaft durch zu energische
       Gegenmaßnahmen einen Bärendienst erweisen. Im Gespräch ist etwa ein
       Gegenzoll auf amerikanischen Whiskey. Aber es kann nicht im Interesse der
       Deutschen sein, anstelle feintorfiger Aromen in Zukunft nur noch Nordhäuser
       Doppelkorn zu schmecken.
       
       ## Strafzoll auf Erdnussbutter
       
       Der angedrohte Strafzoll auf Erdnussbutter wiederum dürfte verpuffen, isst
       doch sowieso niemand in Deutschland diese Paste. Bekannt ist sie
       hierzulande nur aus amerikanischen Zeichentrickserien, deren Boykott
       allenfalls möglich wäre. Vorgeschlagen wurde auch ein Preisaufschlag für
       Motorräder der Marke Harley Davidson. Für eine solche Maßnahme wäre aber
       zunächst das Einverständnis der Hells Angels einzuholen, was nicht sehr
       aussichtsreich scheint: Sollen Carsten Maschmeyer und Gerhard Schröder in
       Zukunft mit dem Tretroller in den Puff gefahren werden?
       
       Der Klügere gibt nach. Deutschland sollte auf eigene Strafzölle besser
       verzichten. Stattdessen können wir den USA jene wenigen Artikel aus
       deutscher Produktion konsequent verweigern, die von den Amerikanern aus
       unerfindlichen Gründen klaglos, ja gelegentlich sogar begeistert angenommen
       werden: melodramatische Streifen über die dunkelsten Kapitel der deutschen
       Geschichte (Nazis, Stasi), hirnzersetzender Bumstechno sowie abgehalfterte
       Typen, die ein paar Jahre „rüber nach Amerika gehen“, um dort ihre
       Bedeutungslosigkeit fern der deutschen Öffentlichkeit auszuleben (Til
       Schweiger, von und zu Guttenberg, Wernher von Braun).
       
       Sollte diese defensive Reaktion Donald Trump nicht zum Einlenken bewegen,
       bliebe noch eine ehrenvolle Alternative: ein schöner, echter, blutiger
       Krieg, der den Zwist nach Mannesart entscheidet. Beide Länder schicken zu
       diesem Zweck ihre effektivsten Killer gegeneinander ins Feld: amerikanische
       Marines gegen sachsen-anhaltinische Polizisten. Was kümmert es, wenn ein
       paar Männer fallen, solange die Aktienkurse steigen? Die Verhinderung eines
       fatalen Handelskrieges ist mit einem echten Krieg nicht zu teuer bezahlt.
       Ausfechten könnte man ihn auf einem neutralen Gelände, wo keine
       unschuldigen Menschen zu Schaden kommen können, zum Beispiel in der
       Schweiz.
       
       9 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bittner
       
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