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       # taz.de -- EU-Parlamentarier zu Sahra Wagenknecht: „Ein falsches Bild von Europa“
       
       > Der Grüne Sven Giegold kritisiert die Anti-Brüssel-Rhetorik von Sahra
       > Wagenknecht. Statt eines Abgesangs auf Europa benötige man dringend linke
       > Reformideen.
       
   IMG Bild: Vier Linke: Oskar Lafontaine, Dietmar Bartsch, Sahra Wagenknecht und Matthias Höhn
       
       taz: Rot-Rot-Grün ist tot, [1][sagt Sahra Wagenknecht im taz-Interview].
       Nehmen Sie noch Lebenszeichen wahr? 
       
       Sven Giegold: Sahra Wagenknecht fordert, die Nationalstaaten zu stärken,
       und spricht dem EU-Parlament jeden Wert ab. Souveränität können wir in
       Europa jedoch nur durch eine gestärkte europäische Demokratie erlangen. Mit
       Wagenknechts Haltung zu Europa kann es tatsächlich kein Rot-Rot-Grün im
       Bund geben.
       
       Die EU-Verträge haben die Sozialstaaten mitzerstört, die in den Ländern
       erkämpft wurden, schlussfolgert die Linken-Politikerin. Mit Blick auf die
       von der EU mitgetragene Sparpolitik in Südeuropa klingt diese Analyse doch
       plausibel. 
       
       Wagenknecht zeichnet ein falsches Bild von Europa. Sie verwechselt bei
       ihrer Analyse Ross und Reiter. Wer waren denn die handelnden Akteure bei
       der Durchsetzung der krisenverschärfenden Sparpolitik? Das waren nicht
       EU-Kommission und Parlament, sondern einige Mitgliedsstaaten. Warum fordert
       Frau Wagenknecht nicht ein Mitentscheidungsrecht des EU-Parlaments für
       Entscheidungen der Eurogruppe?
       
       Sozialstaatlichkeit findet dennoch innerhalb der Mitgliedsländer statt. Die
       europäische „Säule sozialer Rechte“, die die Kommission im November
       verkündet hat, ist schwammig und nicht verbindlich. 
       
       Ich gebe Ihnen recht. Die soziale Säule ist zwar ein Fortschritt, aber noch
       zu schwach. Wir müssen hin zu verbindlichen sozialen Rechten und Standards
       in der EU. Einheitliche soziale Sicherungssysteme brauchen wir aber nicht.
       Denn Sozialsysteme können auch auf Basis von Standards verteidigt werden,
       ohne dass es zwingend eine europäische Arbeitslosen- oder
       Rentenversicherung gibt. Die Forderung nach gemeinsamen sozialen Standards
       und Demokratie in Europa höre ich von Frau Wagenknecht im Bundestag
       merkwürdigerweise nie.
       
       Wie führt mehr Europa denn zu einem sozialeren Europa? 
       
       Die Basis für ein sozialeres Europa ist eine gerechtere und gemeinsame
       Besteuerung, zum Beispiel von Unternehmensgewinnen, damit alle Staaten die
       Leistungen für ihre Bürger finanzieren können. Und beim Thema Steuerdumping
       haben wir auf europäischer Ebene viel erreicht. Die Erfolge gegen das
       Steuerdumping von Apple und Co. zeigen das Potenzial Europas, unsere Werte
       auch in der Globalisierung zu verteidigen. Gerade deshalb brauchen wir
       jetzt keinen linken Abgesang auf Europa, sondern Reformideen für ein
       Europa, das auch sozial und demokratisch stark ist.
       
       Was halten Sie denn von Frau Wagenknechts Idee einer linken
       Sammlungsbewegung? 
       
       Progressive Parteien haben schon immer mit Gewerkschaften, Aktivisten und
       fortschrittlichen Unternehmen zusammengearbeitet. Ich selbst war zuerst
       beim BUND und bei Attac aktiv und bin von dort für die Grünen ins
       Europäische Parlament eingezogen. Die Bewegung, die Frau Wagenknecht
       vorschwebt, will Demokratie renationalisieren. Wir hingegen wollen die
       europäische Demokratie weiter stärken. Progressiv und europäisch sind heute
       untrennbar.
       
       9 Mar 2018
       
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