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       # taz.de -- Kommentar zu „Offenes Neukölln“: Mehr als klammheimliche Freude
       
       > AfD und CDU jubeln im Gleichklang darüber, dass ein breites Bündnis gegen
       > Rechts weniger Geld bekommt. Das zeigt, wie sich der gesellschaftliche
       > Diskurs verschiebt.
       
   IMG Bild: Sucht Freunde bei der AfD: CDU-Vizebürgermeister Falko Liecke, hier im Bezirksparlament
       
       Vor eineinhalb Jahren ist die AfD in Berlins Bezirksparlamente und ins
       Abgeordnetenhaus eingezogen, seit sechs Monaten sitzt sie im Bundestag. Und
       was lange nur ein unbestimmtes Gefühl war – dass sich das politische und
       gesellschaftliche Klima verschärft, auch unter Mithilfe anderer Parteien –,
       lässt sich inzwischen mit Tatsachen belegen: In Neukölln erhält eine
       Initiative für Toleranz und gegen Nazis eine staatliche Auszeichnung in
       Höhe von 3.000 Euro nicht, weil zum Bündnis auch eine vom Verfassungsschutz
       beobachtete linke Gruppe gehört. Schlimmer noch: Darüber jubelt nicht nur
       die AfD, sondern mit CDU-Stadtrat Falko Liecke auch der stellvertretende
       Bürgermeister des Bezirks.
       
       Das ist ein fatales Signal. In doppelter Hinsicht: Die Union freut sich,
       dass ein breites bürgerliches – und wie die Auszeichnung zeigt:
       vorbildliches – Bündnis bestraft wird, das sich gegen brutale Überfälle auf
       Menschen im Bezirk einsetzt und gegen Brandanschläge auf Wohnungen und
       Autos, begangen mutmaßlich von Neonazis.
       
       In Neukölln gab es in den letzten beiden Jahren und auch schon Anfang der
       2010er Jahre eine ganze Serie solcher Attacken; aufgeklärt hat die Polizei
       davon so gut wie nichts. In einer solchen Situation muss man von einem
       Vizebürgermeister jede Unterstützung für Menschen im Bezirk erwarten, die
       bedroht werden, die Angst haben vor Nazis und die sich trotzdem weiter
       engagieren. Lieckes mehr als klammheimliche Freude, die sich in seiner
       Euphorie über den finanziellen Dämpfer für das Festival „Offenes Neukölln“
       ausdrückt, ist eines (Vize-)Bürgermeisters schlicht unwürdig.
       
       Der Gleichklang von CDU und AfD ist in vielen Sitzungen des Neuköllner
       Bezirksparlaments schon länger zu erkennen. Er zeigt, wie weit reaktionäre
       und plumpe Ressentiments und die Leidenschaft für billigsten Populismus die
       bisher zu den „demokratischen“ Parteien gezählte Union erfasst hat. Und
       auch auf Landesebene mehren sich die Gemeinsamkeiten von CDU und AfD. So
       wird der Hass auf eine tolerante Gesellschaft nach und nach etabliert in
       Teilen der Gesellschaft, die das eigentlich nicht nötig hätten.
       
       Selbst wenn die Union am Ende von ihrem Rechtsschwenk profitieren mag – was
       keinesfalls sicher ist –, bleibt die Frage: um welchen gesellschaftlichen
       Preis?
       
       15 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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