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       # taz.de -- Kommentar Hartz IV und niedrige Löhne: Zweifelhafte Berechnungen
       
       > Hartz-IV-Empfänger haben mehr Geld als Arbeitende, sagt der
       > Steuerzahlerbund. Das ist falsch – genau wie die Idee eines guten Lebens
       > mit ALGII.
       
   IMG Bild: Hartz IV ist keineswegs ein bedingungsloses Grundeinkommen
       
       Hartz-IV-Empfänger haben oft mehr Geld zur Verfügung als Arbeitnehmer –
       zumindest wenn man [1][Berechnungen des Steuerzahlerbunds für die FAZ
       glaubt]. Das Beispiel geht von einer vierköpfigen Familie mit zwei Kindern
       in ALG II aus, die monatlich etwa 1.930 Euro erhält. Eine Familie mit einem
       regulären Bruttoeinkommen von 2.540 Euro erreicht demnach ebenfalls nur
       1.930 Euro.
       
       Es ist klar, worauf solche Berechnungen [2][in der von Gesundheitsminister
       Jens Spahn losgetretenen Debatte über Hartz IV] abzielen. Sie sollen
       suggerieren, dass die Grundsicherung so großzügig bemessen ist, dass es für
       Betroffene keinen Grund gibt zu arbeiten. Die FAZ schreibt deshalb vom
       „Lohnabstandsgebot“, das, grob gesagt, ein höheres Niveau niedriger
       Einkommen gegenüber Sozialleistungen verlangt, seit 2011 aber nicht mehr
       existiert. Es wird gerne als Argument gegen höhere Regelsätze herangezogen.
       
       Der vermeintlich geringe Abstand der Regelsätze zu niedrigen Einkommen
       sollte aber vielmehr die Frage aufwerfen, ob die Löhne nicht viel zu gering
       sind – und wie sie steigen könnten.
       
       Hartz IV ist außerdem keineswegs ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wer es
       erhält, muss praktisch jede Arbeit annehmen, egal wie niedrig der Lohn, wie
       schlecht die Konditionen sind. Betroffene werden so in ebenjenen prekären
       Arbeitsmarkt gedrängt, in dem die Löhne kaum zum Leben reichen. Benötigen
       sie dennoch Hartz-IV-Leistungen, müssen sie ihr Erspartes bis auf ein
       geringes Schonvermögen aufbrauchen. Einfach schnell den Job kündigen, um
       dann gemütlich von Hartz IV zu leben, ist nur in der verblendeten Fantasie
       von Neoliberalen eine attraktive Option.
       
       Übrigens lohnt sich auch ein genauer Blick auf die Zahlen des
       Steuerzahlerbundes. In den Berechnungen taucht nämlich etwa das Kindergeld
       nicht auf, das bei ALG-II-Empfängern mit den Leistungen verrechnet wird.
       Bezieht man es ein, wäre das Einkommen der Familie mit Arbeitseinkommen um
       monatlich fast 400 Euro höher. Abstand eingehalten.
       
       20 Mar 2018
       
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   DIR [1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/hartz-iv-lohnt-sich-oft-mehr-als-arbeit-15500363.html
   DIR [2] /Kolumne-Gehts-noch/!5489321
       
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   DIR Jörg Wimalasena
       
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