URI: 
       # taz.de -- Vergifteter Ex-Spion in Großbritannien: Anti-Terror-Polizei ermittelt
       
       > Die Vergiftung eines früheren russischen Agenten und seiner Tochter
       > beschäftigt nun auch die britische Regierung. Der Außenminister warnt
       > Russland.
       
   IMG Bild: War was in der Lasagne? Gesperrt und dekontaminiert – die Pizzeria Zizzi in Salisbury
       
       London/Moskau dpa | Nach der mysteriösen Vergiftung eines früheren
       russischen Doppelagenten und seiner Tochter in Südengland ist der
       Sicherheitsrat der britischen Regierung am Mittwochmorgen zu einer
       Sondersitzung zusammengetreten. Das sogenannte Cobra-Komittee wolle unter
       dem Vorsitz von Innenministerin Amber Rudd den aktuellen Stand der
       Ermittlungen erörtern, hieß es Dienstagnacht aus der Downing Street.
       
       Der Gesundheitszustand des früheren Doppelagenten Sergej Skripal (66) und
       seiner 33-jährigen Tochter Yulia, die beide am Wochenende in Salisbury mit
       einer bisher unbekannten Substanz vergiftet wurden, galt weiterhin als
       kritisch. In Salisbury wurde unterdessen die Sicherheitszone erweitert, in
       der Spezialisten verschiedener Behörden mit Schutzanzügen arbeiteten.
       
       Inzwischen hat die britische Anti-Terror-Polizei die Ermittlungen
       übernommen. Das teilte Scotland Yard am Dienstag mit. Der Vorfall werde
       bislang aber nicht als Terrortat eingestuft, hieß es einer Mitteilung.
       
       Außenminister Boris Johnson kündigte eine „angemessene und robuste
       Reaktion“ an, sollte sich der Verdacht auf eine Rolle Moskaus in dem Fall
       erhärten. Kein Versuch, auf britischem Boden unschuldiges Leben zu nehmen,
       werde ohne Sanktionen oder ungestraft bleiben, so Johnson.
       
       ## Kreml will Ermittlungen unterstützen
       
       Moskau fühlt sich zu Unrecht verdächtigt. „Wir haben keinerlei
       Informationen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und deutete an, sein
       Land werde zum Opfer von Verschwörungstheorien. Die Verdächtigung habe „ja
       nicht lange auf sich warten lassen“. Russland sei aber bereit, die
       Ermittlungen zu unterstützen, sollte es eine offizielle Anfrage aus
       Großbritannien geben.
       
       Der frühere Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU, Sergej
       Skripal, war in Russland als britischer Spion verurteilt und bei einem
       Austausch 2010 freigelassen worden. Er lebte unter seinem Klarnamen in
       Salisbury, [1][wie der Guardian berichtete].
       
       Eine Pizzeria und ein Pub in Salisbury wurden vorübergehend geschlossen und
       dekontaminiert. Auch der Fundort der beiden Verletzten wurde
       dekontaminiert. Mehrere Mitglieder der Rettungskräfte wurden nach dem
       Einsatz untersucht, hieß es in einer Mitteilung der Polizei. Mit einer
       Ausnahme seien alle inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.
       Nach derzeitigem Kenntnisstand bestehe für die Öffentlichkeit keine Gefahr.
       
       ## „Russische Exilanten sind nicht unsterblich“
       
       Mit Hochdruck ermitteln die Beamten, was hinter der mysteriösen Erkrankung
       stecken könnte. „Wir sprechen mit Zeugen, wir nehmen kriminaltechnische
       Proben, wir machen toxikologische Untersuchungen“, sagte der Chef der
       Anti-Terror-Einheit, Mark Rowley, dem Radiosender BBC 4. „Das wird uns
       helfen, zu einer Antwort zu kommen“. Es handele sich um einen „sehr
       ungewöhnlichen Fall“. Noch könne er aber keine Details preisgeben.
       
       Rowley bestätigte, dass es in der Vergangenheit verdächtige Todesfälle mit
       Russland-Bezug gegeben hat. Er warnte aber vor voreiligen Schlüssen. „Ich
       glaube, wir müssen uns daran erinnern, dass russische Exilanten nicht
       unsterblich sind, sie sterben alle und es kann eine Tendenz zu
       Verschwörungstheorien geben“, sagte Rowley. Der Fall des in London
       vergifteten russischen Ex-Geheimagenten und Kremlgegners Litwinenko zeige
       aber, dass Wachsamkeit geboten sei.
       
       Litwinenko wurde 2006 vergiftet – in seinem Tee war hochgiftiges Polonium.
       Britische Behörden machen die ehemaligen Agenten Andrej Lugowoj und Dmitri
       Kowtun für den Anschlag verantwortlich, die jede Schuld von sich weisen.
       Sie entzogen sich einem Gerichtsverfahren in Großbritannien und leben
       unbehelligt in Russland.
       
       7 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.theguardian.com/uk-news/2018/mar/06/counter-terrorism-take-on-russian-spy-sergei-skripal-poison-case
       
       ## TAGS
       
   DIR Großbritannien
   DIR Russland
   DIR Spion
   DIR Alexander Litwinenko
   DIR Boris Johnson
   DIR Kreml
   DIR Sergej Skripal
   DIR Sergej Skripal
   DIR Großbritannien
   DIR Agenten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Giftgas-Anschlag in Großbritannien: Moskau macht auf Unschuldslamm
       
       Russlands Außenminister Sergej Lawrow verwahrt sich gegen Anschuldigungen
       und ein Ultimatum Londons im Fall des früheren Spions Sergej Skripal.
       
   DIR Vergifteter Ex-Spion in Großbritannien: Gift in Pub und Restaurant entdeckt
       
       Bis zu 500 Menschen sollen in einem Pub und einem Restaurant während des
       Vergiftungszeitraums gewesen sein. Sie sollen persönliche Gegenstände
       reinigen.
       
   DIR Mysteriöse Vergiftung eines Ex-Spions: Es geschah wohl mit Nervengas
       
       Für die britischen Behörden steht fest: Der russische Doppelagent Sergej
       Skripal und seine Tochter wurden gezielt angegriffen. Auch ein Polizist
       musste in die Klinik.
       
   DIR Wegen Vergiftung im Krankenhaus: Angriff auf den Ex-Spion?
       
       Ein einstiger russischer Doppelagent und eine Frau werden in Großbritannien
       mit einer unbekannten Substanz vergiftet. Das erinnert an einen Fall von
       2006.