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       # taz.de -- Bremen vorne mit dabei: Digital ein Musterland
       
       > Beim Ausbau der digitalen Verwaltung gehört Bremen zu den Besten: Jetzt
       > hat man den deutschen Standard für elektronische Rechnungen definiert.
       
   IMG Bild: Reales Geld gibt's künftig gegen digitale Rechnung.
       
       BREMEN taz | Bei der Digitalisierung darf sich Bremen in Deutschland als
       Vorreiter fühlen: Im Auftrag des deutschen IT-Planungsrates ist hier unter
       Federführung des Finanzressorts ein der europäischen Norm entsprechendes
       Modell für die elektronische Rechnungslegung entwickelt worden.
       
       XRechnung heißt der Bremer Standard, und ab November wird das Bundesland
       diese Möglichkeit einführen, als erstes in Deutschland und ein Jahr früher,
       als es die einschlägige EU-Richtlinie fordert. Für Aufträge von
       Bundesministerien wird die Digitalform laut einer im September vom
       Bundeskabinett [1][beschlossenen Verordnung] zeitgleich verbindlich.
       
       Die Entwicklung der XRechnung ist eines von mittlerweile neun
       Leuchtturmprojekten, die der IT-Rat auf den Weg gebracht hat. Die Kosten
       trägt zur Hälfte der Bund, den Rest teilen sich nach Königsteiner Schlüssel
       die Länder – sprich: Bremen hat von den zehn Millionen Euro Planungs- und
       Entwicklungskosten für die XRechnung 30.000 selbst berappen müssen.
       
       Darauf, dass dem kleinsten Bundesland im Dezember auch noch unter dem Titel
       eGeburt die Konzeption des elektronischen Elterngeldverfahrens anvertraut
       wurde, ist man einigermaßen stolz. „Es gibt Länder, die sind zehnmal so
       groß wie wir und größer“, so Finanzstaatsrat Henning Lühr, „und denen wurde
       kein Projekt anvertraut.“ Auch die bundesweite Koordinierungsstelle für
       IT-Standards ist beim Finanzressort [2][angesiedelt].
       
       Am Donnerstag haben nun Bremens Handwerkskammer (HWK) und Finanzsenatorin
       Karoline Linnert (Grüne) einen Kontrakt über gemeinsame Informations- und
       Beratungsangebote zum Thema elektronische Rechnung unterzeichnet: Es geht
       darum, Vorbehalte abzubauen, von den Vorzügen zu überzeugen – und um
       konkrete Schulungen: „Gerade für kleine Betriebe“, erläuterte
       Handwerkskammer Präses Jan-Gerd Kröger, könne das „zur Herausforderung
       werden“.
       
       Dabei habe die Digitalisierung das Potenzial, „nervende zeitraubende
       Nachfragen und Korrekturen“ zu vermeiden. „Wir hoffen, dass es am Ende des
       Tages für die Handwerker einfacher sein wird“, so Kröger. Damit die HWK
       Infoveranstaltungen und indvidualisierte Beratungen zur XRechnung
       durchführen kann, stellt der Senat jetzt 100.000 Euro zur Verfügung. „Das
       ist für Bremen eine Superlösung“, sagt Kröger.
       
       Auch auf Verwaltungsseite ist man optimistisch, „dass das ganze Geld
       spart“, so Finanzstaatsrat Lühr. Allein die Stadt Bremen muss jährlich gut
       300.000 Rechnungen bearbeiten, und bereits dass eine elektronische Form
       ermöglicht, das verbindliche Vier-Augen-Prinzip simultan und nicht
       zeitversetzt nacheinander durchzuführen, soll Stockungen und Verzögerungen
       verringern. Und die Papierverschwendung stoppen: „Bremen hat ein eigenes
       Interesse, die XRechnung einzuführen“, so Linnert.
       
       In Dänemark war die E-Rechnung für öffentliche Aufträge schon 2005 auf
       einen Schlag verpflichtend geworden. Und obwohl die einschlägige
       [3][EU-Richtlinie von 2014 warnt], dass eine sofortige Abschaffung von
       Papierrechnungen kleine und mittlere Unternehmen benachteiligen könne, hat
       auch die Bundesregierung die rabiate Lösung gewählt: „Rechnungssteller
       müssen Rechnungen in elektronischer Form ausstellen und übermitteln“, heißt
       es für Ministerien und Verfassungsorgane schon ab 27. November.
       
       Bei den übrigen Bundesbehörden werden Papierrechnungen noch ein Jahr länger
       akzeptiert. Aber wer’s bis dahin nicht kann, hat keine Chance mehr, einen
       Auftrag von einer Bundesstelle zu bekommen. Auf Länderebene bleiben
       allerdings Spielräume: „Ich bin nicht für eine Friss-oder-Stirb-Lösung“,
       stellt Linnert klar. „Ich möchte, dass wir Menschen die aus irgendwelchen
       Gründen nicht ins Netz gehen wollen, nicht verlieren.“
       
       23 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2017/09/kabinettsbeschluss-e-rechnungs-vo.html
   DIR [2] https://www.it-planungsrat.de/DE/Standards/Standards.html
   DIR [3] http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX%3A32014L0055&qid=1479310503287&from=en
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Benno Schirrmeister
       
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