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       # taz.de -- Rechtsunsicherheit bei Gemeinnützigkeit: Wenn das Finanzamt eine Münze wirft
       
       > Finanzämter entscheiden, ob eine Organisation als gemeinnützig gilt. Eine
       > Studie zeigt: Die Entscheidungen folgen unklaren Regelungen.
       
   IMG Bild: Dem Frankfurter Finanzamt ist Attac zum Beispiel zu strak „politisch aktiv“
       
       Ob die Finanzämter eine Organisation als gemeinnützig einstufen oder nicht,
       ist oft purer Zufall – [1][zu diesem Schluss kommt eine Studie (PDF)] der
       „Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, einem
       Zusammenschluss von Organisationen wie Amnesty International, Oxfam und Pro
       Asyl. Die Vereinigung schickte identische Anträge an alle deutschen
       Finanzämter, um dort die Gemeinnützigkeit fiktiver Vereine feststellen zu
       lassen. Die Bewertungen fielen sehr unterschiedlich aus.
       
       Viele Organisationen sind auf Spenden angewiesen, um überhaupt arbeiten zu
       können. Indem die Spenden bei der Steuer abgesetzt werden können, fördert
       der Staat indirekt die Arbeit der Vereine. Doch dies gilt nur, wenn eine
       Organisation als gemeinnützig anerkannt wird. Dazu darf sie nach gängiger
       Praxis zwar Bildungsarbeit betreiben, nicht aber konkrete politische
       Forderungen vertreten. Ob diese Voraussetzungen vorliegen entscheiden die
       Finanzämter.
       
       Negativ ging dies bereits für Attac aus. Die globalisierungskritische
       Organisation kämpft seit vier Jahren darum, wieder als gemeinnützig
       anerkannt zu werden. Nach Auffassung des Frankfurter Finanzamtes ist Attac
       unter anderem durch die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer zu
       stark „politisch aktiv“ und damit nicht mehr gemeinnützig.
       
       Die Entscheidungen über solche Fälle wollte die „Allianz Rechtssicherheit
       für politische Willensbildung“ messbar machen. Dafür schlossen sich über 80
       Vereine und Stiftungen zusammen und reichten Satzungen dreier fiktiver
       Organisationen bei 404 deutschen Finanzämtern ein, um dort deren
       Gemeinnützigkeit bewerten zu lassen. Doch die Ergebnisse überraschten, denn
       die Behörden kamen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Im Schnitt
       bewertete die Hälfte der Finanzämter die Vereine als gemeinnützig, die
       andere Hälfte nicht.
       
       ## „Man hätte auch eine Münze werfen können“.
       
       „Die Finanzämter haben nie gelernt, wie man zivilgesellschaftliches
       Engagement bewertet“, so Rupert Graf Strachwitz vom Maecenata Institut für
       Philanthropie und Zivilgesellschaft. Studienautor Stefan Diefenbach-Trommer
       kritisiert: „Man hätte auch eine Münze werfen können“.
       
       Er erklärt, dass das Finanzministerium dem Test irgendwann auf die Schliche
       kam und die Finanzämter angewiesen habe, die Anträge nicht mehr weiter zu
       bearbeiten. Trotzdem meldeten sich einige Behördenangestellte zurück und
       bestätigten, dass die Einschätzungen problematisch abliefen.
       
       Der Test sollte zeigen, dass bei der Frage nach der Gemeinnützigkeit große
       Rechtsunsicherheit besteht. Dies ist nach Auffassung der beteiligten
       Organisationen problematisch. Denn zivilgesellschaftliches Engagement solle
       gefördert und nicht durch finanzielle Unsicherheiten erschwert werden. Dazu
       bräuchte es klare Rahmenbedingungen „und keinen warmen Händedruck“, so
       Strachwitz weiter.
       
       24 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/BBE_Gemeinnuetzigkeit_web.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Kränzle
       
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