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       # taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Eine neue Erzählung über Sucht
       
       > „Love“ erzählt eine ganz normale Liebesgeschichte. Doch die klischeelose
       > Darstellung einer Suchtkranken macht die Serie sehenswert.
       
   IMG Bild: Ein ungleiches Paar: der Neurotiker Gus (Paul Rust) und die laute Mickey (Gilian Jacobs)
       
       Love is dead. Zumindest die gleichnamige [1][Netflix-Produktion] – nach
       drei Staffeln wird die RomCom eingestellt. Die Geschichte ist schnell
       erzählt: Gus liebt Mickey und Mickey liebt Gus. Zumindest meistens. Während
       Mickey (Gilian Jacobs) als Radio-Produzentin arbeitet, versucht Gus (Paul
       Rust) sich als Drehbuchautor zu etablieren. Bis das gelingt, unterrichtet
       er superreiche Kinderschauspieler*innen am Set. Aus weiblicher und
       männlicher Perspektive sehen wir, wie Dating, Arbeit und das Leben in Los
       Angeles heutzutage funktionieren. Zumindest wenn man [2][Anfang 30, weiß
       und hetero ist].
       
       Die Miniserie, produziert von [3][Judd Apatow („Girls“)], zeigt das mehr
       oder minder langweilige Leben der weißen Mittelschicht, das sowieso schon
       den ganzen Tag im Fernsehen läuft. Doch belässt man es bei dieser
       Zusammenfassung, wird man der Serie nicht gerecht; die scheinbare
       Belanglosigkeit wird immer wieder mit subtilen Witzen und überraschenden
       Narrativen gebrochen.
       
       Mickey ist alkohol-, drogen-, liebes- und sexsüchtig. Doch in „Love“ wird
       das Thema Sucht klischeefrei erzählt. In der ersten Staffel sehen die
       Zuschauer*innen, wie Mickey versucht, trocken zu bleiben. Sie dekoriert ihr
       Wohnzimmer um, masturbiert, liest und trinkt grüne Smoothies. Alles, was
       sie davon abhält, einen Drink oder eine Pille zu nehmen. In ihren Treffen
       bei den Anonymen Alkoholikern behauptet Mickey, trocken zu sein, kurz
       darauf stellt sie im Auto ihre App auf „null Tage trocken“. Doch die
       32-Jährige erreicht nie den Tiefpunkt.
       
       ## Ein Narrativ ohne Stereotype
       
       Wenn Film und Fernsehen [4][suchtkranke Menschen] zeigen, sehen die
       Zuschauer*innen meist einen alten, verbitterten Mann, der den ganzen Tag
       einsam, nur mit seiner Schnapsflasche in der Hand, vor dem Fernseher sitzt.
       „Love“ schafft es hier, ein Narrativ fernab von Stereotypen zu schaffen.
       Mickey wohnt in einer hippen Wohnung, hat ein stabiles soziales Umfeld und
       muss „trotzdem“ gegen ihre Süchte ankämpfen. Immer wieder führen diese zu
       Beziehungsproblemen zwischen den beiden Millennials, die doch einfach nur
       glücklich sein wollen.
       
       Dabei reißt die Serie spannende Fragen an. Könnte Mickey trotz des immer
       möglichen Rückfalls eine verantwortungsvolle Mutter sein? Solche Szenen
       sind es, die die Serie von den sonstigen
       Er-liebt-sie-er-liebt-sie-nicht-Geschichten abhebt und die noch
       weitererzählt werden hätten können. Dass die Serie jetzt endet, ist schade.
       Diese auf den ersten Blick so belanglose Liebesgeschichte hat das
       Potenzial, uns alte, bekannte Geschichten neu zu erzählen.
       
       16 Mar 2018
       
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   DIR Carolina Schwarz
       
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