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       # taz.de -- Mieter-Initiative in Berlin: Senatsgeld für Kiez-Aktivisten
       
       > Sehr FEIN: Ein Landesprogramm unterstützt die Vernetzung von
       > Ehrenamtlichen-Initiativen gegen Verdrängung in Kreuzberg.
       
   IMG Bild: Bizim Kiez-Plakat bei der Protestaktion in der Oranienstraße im Oktober
       
       Berlin taz | Bei der Stadt Berlin nach 30.000 Euro zu fragen, um damit den
       Protest gegen die von der Stadt geförderte Ansiedlung von Unternehmen zu
       organisieren – selbst aus aktivistischer Sicht ist das eine mutige Idee.
       Versucht haben das einige stadtpolitisch Aktive aus Kreuzberg durch einen
       Projektantrag mit dem blumigen Titel „Stärkung der Bürgergesellschaft zur
       Entwicklung einer gemeinsamen Position zu einem ‚WebTech-Standort‘
       Friedrichshain-Kreuzberg“.
       
       Der Hintergrund: Im September hatte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne)
       Pläne für zwei sogenannte Digital Hubs verkündet, Orte, an denen Start-ups
       und andere Akteure aus der Technologiebranche zusammenkommen;
       Silicon-Valley-Vergleiche machten die Runde. Eines der Zentren soll in der
       früheren Agfa-Fabrik am Görlitzer Park entstehen in räumlicher Nähe zum
       [1][Google Campus im Umspannwerk Kreuzberg] und dem [2][Cuvry-Gelände], auf
       dem sich der Modekonzern Zalando einmieten wollte.
       
       Im Kiez ging die Angst um vor dem Druck Tausender neuer gut verdienender
       Beschäftigter, die mit ihren Wohn- und Lebensbedürfnissen den Druck auf
       eingesessene MieterInnen und Gewerbe weiter erhöhen – oder wie es im
       Projektantrag heißt: „Die Zivilgesellschaft zeigt Unverständnis für diesen
       Schritt.“
       
       Doch aus der Idee wird nichts: „Natürlich ist dem Senat aufgefallen, dass
       wir Protest gegen die Senatspolitik organisieren wollen“, so Magnus Hengge,
       einer der Initiatoren und aktiv bei der Kreuzberger Initiative Bizim Kiez.
       
       Enttäuscht ist er dennoch nicht. Denn erstens hat Ende vergangener Woche
       Zalando seinen Vertrag für den Cuvry Campus gekündigt, angeblich weil die
       Bauarbeiten im Verzug seien. „Wir sind froh, dass wir den großen
       Monopolisten nicht im Kiez haben werden“, sagt Hengge dazu. Zweitens war
       ein weiterer Antrag von ihm und einer Handvoll MitstreiterInnen
       erfolgreich: Gefördert werden soll die Entstehung eines Netzwerks aus
       Kiezinitiativen und lokalem Kleingewerbe.
       
       ## Schutz von Kleingewerbe
       
       29.500 Euro soll es dafür geben aus dem Senatsprogramm „Freiwilliges
       Engagement in Nachbarschaften (FEIN)“, das mit jährlich 1,5 Millionen Euro
       „ehrenamtliche Aktivitäten zur Aufwertung und Verbesserung der öffentlichen
       Infrastruktur“ fördert. „Jetzt können wir vielleicht etwas konzentrierter
       zum Thema Schutz von Kleingewerbe weiterarbeiten“, freut sich Hengge, der
       mit Bizim Kiez schon lange damit befasst ist.
       
       Die Initiative war hervorgegangen aus dem Kampf von AnwohnerInnen um den
       Gemüseladen Bizim Bakkal in der Wrangelstraße. Im Oktober hatten Händler in
       der Oranienstraße mit der Verdunkelung ihrer Schaufenster darauf
       hingewiesen, dass immer mehr von ihnen die Verdrängung droht.
       
       Hengge schwebt vor, durch die bessere Vernetzung von Initiativen wie Bizim
       Kiez, GloReiche und dem Zusammenschluss der Oranienstraßen-Händler Ora
       Nostra im öffentlichen Diskurs schlagkräftiger zu werden, auch über
       gelegentliche gemeinsame Aktionen hinaus. Wie es im Antrag zudem heißt,
       soll das „bürgerschaftliche Engagement, das von Freiwilligen und Ehrenamt
       getragen ist“, auf ein „neues Level gehoben“ werden. Denn, wie Hengge sagt,
       die Situation für Engagierte ist nach Jahren der zeitintensiven Arbeit
       „schwierig, auch bezogen auf die die Einkommensfrage“.
       
       In den nächsten Wochen, tatsächlich wohl erst nach der Mieten-Demo am 14.
       April, sollen Thematik und Zielstellung genauer formuliert und Akteure
       zusammengebracht werden. Geplant ist eine Website, die Schaffung eines
       Anlaufpunktes, öffentlichkeitswirksame Aktionen. Womöglich gelingt es dann
       auch, inhaltlich konkreter zu werden, etwa bei der Ausgestaltung eines
       rechtssicheren Konzepts für den Schutz von Gewerbe.
       
       26 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
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   DIR Erik Peter
       
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