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       # taz.de -- Hilfe für finanzschwache Familien: Mit dem Paten zum Klettern
       
       > Vielen Familien geht es zu gut für staatliche Hilfe und zu schlecht, um
       > ihren Kindern eine gute Kindheit zu ermöglichen. Die Ehlerding-Stiftung
       > will das ändern.
       
   IMG Bild: Sich im Freizeitpark mal als Luke Skywalker zu verkleiden, tut gut
       
       BREMEN taz | Zoo, Kletterpark, Schwimmbad: alles Orte, an denen Kinder in
       der Regel viel Spaß haben. Solche großen und manchmal teuren Ausflüge
       müssten aber gar nicht sein, sagt Bettina Jantzen, Projektleiterin von
       „mitKids Aktivpatenschaften“ aus Hamburg. „Es reicht eigentlich, auf den
       Spielplatz zu gehen oder mal zusammen Kuchen zu backen.“
       
       Das Patenschaften-Projekt der Ehlerding-Stiftung soll Kindern aus Familien,
       die Unterstützung brauchen und Erwachsene, die sich ehrenamtlich für Kinder
       engagieren wollen, zusammenbringen. Nach Hamburg und Bremerhaven soll es
       dieses Jahr in Kooperation mit der Freiwilligenagentur nun auch in Bremen
       anlaufen.
       
       Das Projekt richtet sich an Kinder aus Familien mit Problemen. Man wolle
       jene erreichen, die aus dem Radar der Hilfesysteme fallen, sagt Bettina
       Jantzen. Kinder aus suchtgefährdeten oder gewalttätigen Familien, für die
       es andere, professionelle Programme gibt, würden nicht aufgenommen. Solche
       Familien fallen aus dem Patenschaften-Projekt raus, „auch aus Schutz für
       die ehrenamtlichen Pat*innen“, so Jantzen.
       
       Neben Alleinerziehenden, die etwa 70 Prozent der teilnehmenden Familien
       ausmachen, richtet sich mitKids vor allem an Familien mit vielen Kindern
       oder wenig Geld. Eine Patenschaft soll mindestens ein Jahr bestehen, im
       Grunde ist jedoch ein längerfristiges Engagement erwünscht. „In Hamburg
       läuft das Projekt seit 2007 und einige Patenschaften bestehen auch schon
       seit damals“, berichtet Jantzen.
       
       Langfristig- und Regelmäßigkeit sind dabei Schlüsselfaktoren. Die Kinder
       sollen ohne Lernziele mit ihren Pat*innen einmal in der Woche für rund vier
       Stunden eine schöne Zeit haben und von der ungeteilten Aufmerksamkeit
       profitieren. „Ziele, wie die Stärkung des Selbstwertgefühls oder die
       Förderung von Sozial- und Sprachkompetenzen, funktionieren automatisch
       nebenbei“, sagt Kathrin Klug, Projektkoordinatorin in Bremen.
       
       Klug betont, wie wichtig es für die Eltern sei, die Anmeldung des Kindes
       für das Projekt keinesfalls als Mangel, sondern vielmehr als eine Stärke zu
       sehen, dass man so die Bedürfnisse des Kindes wahrnehme. „Es gibt
       erstaunlich selten Eifersucht, weil die Eltern sich in der Regel über die
       Fortschritte, die die Kinder mit den Pat*innen machen, freuen.“ Wichtig in
       diesem Zusammenhang sei das Nichteinmischungsprinzip in die Erziehung. Dies
       sei fundamental, um Konflikte zu vermeiden, sagt Jantzen.
       
       Für die Vermittlung zwischen den Pat*innen und den Eltern gibt es
       Patenschaftsbegleiter*innen, die ebenfalls ehrenamtlich tätig sind und
       sowohl bei drohenden Konflikten helfen, als auch den Auswahlprozess
       begleiten. Dieser beinhaltet Hausbesuche auf beiden Seiten, das Programm
       behält es sich dabei vor, interessierte Pat*innen bei Zweifeln auch
       abzulehnen.
       
       Auf dem Infoabend in Bremen gehört ein Großteil der Teilnehmer*innen zur
       älteren Generation. „Das war anfangs in Hamburg und Bremerhaven genauso,
       aber tatsächlich gibt es in allen Altersgruppen ungefähr gleich viele
       Pat*innen“, sagt Jantzen. Auch Berufstätige seien dabei. Dass in Bremen
       überdurchschnittlich viele Ältere anwesend sind, kommt jedoch nicht von
       ungefähr. Für junge Menschen bis 30 gibt es mit „Balu und Du“ von der
       Freiwilligenagentur bereits ein Patenschaftsprogramm. „Mit mitKids zielen
       wir besonders auf die etwas Älteren ab, die bei Balu und Du nicht mehr
       teilnehmen können“, erklärt Klug.
       
       Der Frauenanteil des Projektes beträgt derzeit ungefähr 80 Prozent. Das
       liege laut Jantzen auch an der jungen Zielgruppe von Kindern zwischen zwei
       und neun Jahren. Dieses Alter würden sich viele Männer anfangs nicht
       zutrauen, bei Projekten für Jugendliche sei der Anteil höher. „Die Männer
       kommen oft über ihre Frauen zu uns und die Zahlen nehmen erfreulicherweise
       zu“, sagt Jantzen. Manche Familien würden sich explizit einen männlichen
       Paten wünschen.
       
       Bei der Bereitschaft, Pat*in zu werden, spielen auch eigene Erfahrungen
       eine Rolle. Sei es die alleinerziehende Mutter oder die Schwester von zwei
       älteren Brüdern, die eine solche Begleitung selbst hätten gut gebrauchen
       können.
       
       In Hamburg werden momentan rund 150, in Bremerhaven 25 Patenschaften
       koordiniert. Die Warteliste mit Kindern in Hamburg ist lang, in Bremen gibt
       es derzeit noch mehr interessierte Pat*innen als Kinder. Einen „Rekord“
       nennt Jantzen die Zahl der Teilnehmer*innen am Bremer Infoabend. In den
       kommenden Monaten wird Kathrin Klug das Projekt an Kindergärten,
       Grundschulen und Einrichtungen wie dem Roten Kreuz vorstellen. Wenn alles
       läuft, wie geplant, starten im Sommer die ersten Patenschaften.
       
       28 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Teresa Wolny
       
       ## TAGS
       
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