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       # taz.de -- Erweiterung der Lärmgrenzwerte: EU-Politiker gegen Motorradlärm
       
       > Im Frühling wird es wieder laut auf Rennstrecken. Umweltexperten aus dem
       > EU-Parlament fordern strengere Zulassungsvorschriften.
       
   IMG Bild: In Kürze geht sie wieder los, die Motorradsaison – für viele ein Anlass zu Sorge und Unmut
       
       BERLIN taz | Wenn es in diesen Tagen wieder wärmer wird, kommen sie aus
       ihren Garagen: Motorradfahrer, die mit ihren extra auf laut getrimmten
       Maschinen Menschen in Innenstädten und an den einschlägigen Rennstrecken
       belästigen. Für viele Biker ist der „Sound“ ihres Fahrzeugs sehr wichtig.
       Doch pünktlich zum Saisonstart fordern Umweltpolitiker der beiden größten
       Fraktionen im EU-Parlament strengere Vorschriften, um den Motorradlärm zu
       begrenzen.
       
       „Die Lärmgrenzwerte müssen auch für Geschwindigkeiten über 80 Kilometer pro
       Stunde und für alle Motordrehzahlen gemessen werden“, sagte der taz Peter
       Liese, der umweltpolitische Sprecher der stärksten Gruppe, der Europäischen
       Volkspartei/Christdemokraten. Die EU-Vorschriften für die Zulassung neuer
       Motorradmodelle müssten verschärft werden, „da Motorräder ja bekanntermaßen
       auch schneller als 80 km/h fahren und da hier die Lärmbelästigung besonders
       gravierend ist.“ Ähnlich äußerte sich Jo Leinen von der
       sozialdemokratischen S&D-Fraktion.
       
       Damit reagierten sie auf eine Empfehlung des Umweltbundesamts an die EU,
       die Geräuschprüfung bei der Typzulassung von Motorrädern und
       Personenkraftwagen zu verschärfen. Grund ist, dass BMW und andere Konzerne
       Fahrzeuge absichtlich so bauen, dass sie [1][lauter sind, als nötig wäre].
       Bisher müssen Motorräder und Autos die Lärmgrenzwerte laut Umweltbundesamt
       nur bei Tests unter realitätsfernen Bedingungen bei höchstens 80 Kilometer
       pro Stunde einhalten.
       
       Dabei können chronische Lärmbelastungen laut dem bundeseigenen
       Robert-Koch-Institut Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung
       verursachen, außerdem Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkte.
       CDU-Politiker Liese berichtet, dass viele Bürger aus seinem Wahlkreis in
       Südwestfalen seit Jahren über den Lärm klagen.
       
       ## Kommission wird ab Mai keine neuen Vorschläge vorlegen
       
       Betroffene wohnen zum Beispiel an Straßen, die wegen ihrer langgezogenen
       Kurven in landschaftlich schönen Regionen besonders am Wochenende von sehr
       vielen Motorradfahrern befahren werden. Aber auch in Städten gibt es
       Beschwerden über „Biker“, die oft lauter sind als viel größere Autos.
       Anfang Januar waren laut Kraftfahrtbundesamt in Deutschland [2][rund 4,4
       Millionen Motorräder] zugelassen – 1,4 Prozent mehr als vor einem Jahr.
       
       „Die Empfehlung des Umweltbundesamts kann ich nur unterstützen“, sagte
       SPD-Politiker Leinen der taz. „Spätestens die nächste EU-Kommission sollte
       mit konkreten Vorschlägen für neue Auflagen tätig werden.“
       
       Auch Rebecca Harms, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion
       Grüne/Europäische Freie Allianz, verlangte, „dass Testbedingungen besser an
       die tatsächliche Situation auf der Straße angepasst werden und auch höhere
       Geschwindigkeiten und Drehzahlen umfassen müssen.“ Die Grüne ergänzte:
       „Außerdem müssen bei der nächsten Überarbeitung der Lärmschutzregulierung
       deutlich stringentere Grenzwerte eingeführt werden“.
       
       Christdemokrat Liese will die Stellungnahme des Umweltbundesamts nun zum
       Anlass nehmen, mit dem Thema noch einmal an die EU-Kommission
       heranzutreten. „Leider wird es allerdings eine Zeit lang dauern, bis ein
       neuer Kommissionsvorschlag auf den Tisch kommt“, sagt Liese. Denn man habe
       vereinbart, dass die Behörde ab Mai dem Parlament und dem Rat der
       Mitgliedstaaten keine neuen Vorschläge mehr präsentieren wird.
       
       Wegen der Europawahl rechnet er für „frühestens Ende 2019“ mit neuen
       Papieren, was Liese nach eigenen Worten für falsch hält. Das
       Europaparlament hat, anders als der Bundestag, kein Recht, selbst die
       Initiative für neue Gesetzesvorhaben zu ergreifen, kann aber politischen
       Druck auf die Kommission ausüben.
       
       25 Mar 2018
       
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   DIR [2] https://www.kba.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/pm_06_18_bestand_01_18_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=8
       
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   DIR Jost Maurin
       
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