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       # taz.de -- Interview zu Gerhard Schröder: „Sanktionen sind unwahrscheinlich“
       
       > Könnten EU und USA Ex-Kanzler Schröder wegen seiner Tätigkeiten für
       > russische Unternehmen maßregeln? Wirtschaftsrechtler Vinzenz Sacher ist
       > da skeptisch.
       
   IMG Bild: Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist Aufsichtsratsvorsitzender beim russischen Konzern Rosneft
       
       taz: Das US-amerikanische „Wall Street Journal“ bringt in seiner Ausgabe
       vom Samstag [1][Sanktionen gegen Gerhard Schröder] ins Spiel, weil dieser
       durch seine Tätigkeiten für russische Konzerne „Putins Schlüssel-Oligarch“
       sei. Der ukrainische Außenminister scheint der Idee laut
       [2][Bild-Interview] nicht abgeneigt zu sein. Aber: Kann die EU überhaupt
       Sanktionen gegen eigene Bürger erlassen? 
       
       Vinzenz Sacher: Das kann sie grundsätzlich schon, allerdings ist sie dabei
       an die EU-Grundrechte-Charta gebunden. Konkret wären hier das
       Eigentumsrecht sowie das Recht zur Freizügigkeit von Herrn Schröder zu
       beachten. Zudem ist die Union immer verpflichtet ausreichenden Rechtsschutz
       zu gewährleisten. Das heißt, dass Betroffene die Möglichkeit haben müssen,
       vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) oder dem Europäischen
       Gerichtshof (EuGH) gegen Sanktionen vorzugehen. Der EuGH hat zudem hohe
       rechtliche Anforderungen aufgestellt, die EU müsste also sehr genau
       begründen und detaillierte Nachweise liefern, warum sie den deutschen
       Ex-Kanzler sanktioniert.
       
       Wie müsste die EU denn formell vorgehen? 
       
       Der EU-Ministerrat müsste einen einstimmigen Beschluss fassen.
       SPD-Außenminister Heiko Maas müsste also dafür stimmen und seinen
       ehemaligen Parteivorsitzenden und langjährigen Kanzler öffentlich
       brandmarken. Die ursprünglichen EU-Sanktionen wurden ja 2014 gegen Personen
       beschlossen deren Handlungen – ich zitiere – „die territoriale
       Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben
       oder bedrohen“.
       
       Sehen sie diesen Anlass bei Schröder gegeben? 
       
       Ohne seine Arbeit inhaltlich zu bewerten, bin ich da grundsätzlich eher
       skeptisch. Schröder ist für die russischen Unternehmen Rosneft und Nord
       Stream als Lobbyist und im Aufsichtsrat tätig und nicht im operativen
       Tagesgeschäft. Die EU hat ihre Sanktionen hauptsächlich gegenüber
       russischen Amts- und Mandatsträgern und Militärs sowie Schlüsselfiguren des
       Ukraine-Konflikts erlassen. Schröder passt da nicht ins Schema. Er hat eine
       eher symbolische Stellung. Ihn auf die Sanktionsliste zu setzen, wäre
       vermutlich unverhältnismäßig.
       
       Welche Maßnahmen könnten Schröder denn drohen, sollte der Ministerrat
       Sanktionen beschließen? 
       
       Da ist die EU relativ frei. In der Praxis heißen Sanktionen meist
       Einfrieren von Konten und anderen Vermögenswerten sowie Restriktionen für
       Reisen in die EU. Letzteres ist bei einem Unionsbürger wie dem deutschen
       Ex-Kanzler natürlich nicht möglich.
       
       Das gilt aber nur für Sanktionen von EU-Seite. Welche Sanktionen könnten
       Schröder aus Washington drohen? Welche Konsequenzen müsste er fürchten? 
       
       In den Vereinigten Staaten entscheidet vor allem der US-Präsident per
       Dekret über den Erlass von Sanktionen. Auch hier könnten Herrn Schröder
       rein theoretisch Einreisebeschränkungen sowie das Einfrieren von Vermögen
       in den Vereinigten Staaten treffen. Unabhängig von den rechtlichen
       Voraussetzungen dafür ist es natürlich diplomatisch heikel, Sanktionen
       gegen den ehemaligen Regierungschef eines NATO-Partners zu richten. Ich
       halte es für unwahrscheinlich, dass das passiert.
       
       20 Mar 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wsj.com/articles/putins-key-oligarch-escapes-sanctions-1521239535?mod=searchresults&page=1&pos=1
   DIR [2] https://www.bild.de/politik/inland/gerhard-schroeder/warum-gibt-es-keine-sanktionen-gegen-schroeder-55137570.bild.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Wimalasena
       
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