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       # taz.de -- Start der Frühjahrsrennen im Radsport: Ein Skandal namens Froome
       
       > Bei den Frühjahrsrennen ist Saisonauftakt. Und noch etwas kommt im
       > Profiradsport immer wieder: die Diskussion um Sky-Profi Chris Froome.
       
   IMG Bild: Stark umstritten: Radsportler Christopher Froome
       
       Im Fall Chris Froome schlägt Geld Gerechtigkeit. Weil die UCI Angst vor der
       Entschädigungspower der Anwälte des Sky-Profis Froome hat, zögert der
       Weltverband die Entscheidung [1][in dessen Dopingfall] hinaus. „Wir wollen
       den Fall so schnell wie möglich lösen, am liebsten noch vor dem Start des
       Giro d’Italia. Das wäre das beste für den Fahrer, sein Team, die
       Rennorganisatoren und die UCI“, tönte der neue UCI-Präsident, David
       Lappartient, zwar, aber er schränkte auch ein: „Ich glaube nicht, dass wir
       es vor dem Giro schaffen.“
       
       Dabei gab es die positive Dopingprobe von Froome schon im September 2017.
       Sie wurde vertuscht – vom Fahrer, vom Team, von der damals noch von einem
       Briten geleiteten UCI und vom britischen Radsportverband. Sie alle wussten
       von der Überschreitung des Grenzwerts für das leistungssteigernde
       Asthmamittel Salbutamol. Und sie schwiegen, sodass Froome bei der WM
       starten und Bronze im Zeitfahren holen konnte.
       
       Nun sind Monate ins Land gegangen. Zwar droht Froome immer noch die fällige
       Strafe sowie die Aberkennung zwischenzeitlich eingefahrener Siege. Aber er
       fährt und fährt. Auch wenn er gerade nicht gewinnt, so bereitet sich Froome
       konsequent auf den Doppelstart bei Giro und Tour im Sommer vor. Sein Team
       suspendiert ihn nicht.
       
       Hintergrund: Neben aller Nibelungentreue zu dem Star lähmt die Angst davor,
       dass es zu einem juristischen Krieg mit Froomes Anwälten kommen könnte.
       Diese könnten im Fall einer temporären Suspendierung auf Schadenersatz für
       nicht gezahlte Bezüge, für entgangene Werbeeinnahmen und für Verhinderung
       der Berufsausübung klagen. Eine echte Bedrohung für das Budget von Sky.
       
       Die UCI hat erst recht Angst. Kleinlaut meinte Lappartient: „Der Fall hat
       viele Verfahrensaspekte. Exzellente Anwälte auf beiden Seiten arbeiten
       daran. Ich kann verstehen, dass die Fans schnell ein Resultat haben wollen.
       Aber wir haben spezielle rechtliche Prozeduren bei der UCI, und im Sinne
       der Glaubwürdigkeit des Sports müssen wir ihnen folgen.“ Die Phrasen in
       Klartext übersetzt, bedeutet das, dass das Anwaltsteam der UCI juristische
       Lücken sieht, nach denen Froomes Team eine Verurteilung anfechten und
       Schadenersatz in Millionenhöhe fordern könnte.
       
       ## Zahnpasta, Steak und Leberversagen
       
       Froomes Anwälte prüfen unterdessen, ob sie Froomes hohen Salbutamol-Wert
       mit Leberversagen begründen sollten. Mal wieder ein Versagen, das die
       Leistungsfähigkeit nicht einschränkt, das Dopingkontrollsystem aber in
       frage stellt. Nach der Zahnpasta beim Langstreckenkäufer Dieter Baumann,
       dem kontaminierten Steak des Radprofis Alberto Contador und der
       Blutanomalie der Eisschnellläuferin Claudia Pechstein nun also
       Leberversagen.
       
       Kleiner Unterschied: Sowohl der Leichtathlet als auch der Radprofi sowie
       die Eisschnellläuferin wurden vor ein Gericht gebracht. Die Verfahren
       dauerten teilweise zwar lange, und sie waren umstritten, aber die Lehre
       daraus sollte doch sein: Führt die Verfahren schnell durch, prüft dabei
       gründlich und argumentiert transparent. Im Fall Froome herrscht jedoch
       Hinterzimmerkungelei vor.
       
       Angesichts der unklaren Verhältnisse forderten Profis wie Toursieger
       Vincenzo Nibali und Girosieger Tom Dumoulin Froome zu einem freiwilligen
       Rennverzicht auf. Manche spotten sogar: „Er liebt Training ja mehr als die
       meisten anderen. Soll er doch seine epischen 200-Kilometer-Ausfahrten
       machen und die Werte auf Strava posten. Eine Startnummer anstecken ist aber
       nicht okay.“
       
       ## Außerhalb des Rechts
       
       Nun ja, die nächste Startnummer wird er am 16. April bei der Tour of the
       Alps anpinnen, dem letzten Vorbereitungsrennen für den Giro. Er fährt dabei
       nicht außer Konkurrenz, aber in einer eigenen Liga der Rechtsprechung. Man
       fühlt sich an Lance Armstrong erinnert. Der schenkte der UCI einst teure
       Dopinganalysegeräte und wurde im Gegenzug über lange Jahre nicht mit
       Dopingverfahren behelligt.
       
       Chris Froome steht gegenwärtig ebenfalls außerhalb des Rechts. Andere
       Salbutamol-Sünder wurden zuvor im Radsport ohne Zögern verurteilt, etwa die
       Italiener Alessandro Petacchi und Diego Ulissi. In der Bilanz der
       britischen Antidopingagentur Ukad, formal zuständig für den Fall Froome,
       tauchen für den Zeitraum 2015 bis 2017 insgesamt drei Salbutamol-Fälle auf.
       Alle drei, ein Fußballer, ein Boxer und ein Judoka, wurden laut Mitteilung
       britischer Medien verurteilt. Ihr Pech: Sie hatten weder Froomes Leber noch
       sein Anwaltsteam.
       
       2 Apr 2018
       
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