URI: 
       # taz.de -- Serienkolumne Die Couchreporter: Interaktive App-Serie nur für die USA
       
       > Steven Sonderbergh hat mit „Mosaic“ eine interaktive Serie produziert. In
       > Deutschland gab es den Krimi bisher nur als sechsteilige TV-Adaption.
       
   IMG Bild: In ihrer besten Rolle seit „Basic Instinct“: Sharon Stone
       
       Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Am Anfang von Steven
       Soderberghs Filmkarriere stand 1989 „Sex, Lies, and Videotape“. Damals gab
       es noch Video. Video war State of the Art. Und nun hat also der aus dem
       Vorruhestand zurückgekehrte seit der vergangenen Woche einen Film im Kino –
       komplett mit der Handykamera gedreht. Gut, er hat auch mal ein externes
       Weitwinkelobjektiv draufgesteckt. Aber wer will das so dogmatisch sehen,
       immerhin kam er mit dem 128-GB-Speicher seines iPhones 7 Plus aus.
       
       Er war auch keineswegs der Erste. 2015 hatte [1][Sean Baker schon
       „Tangerine L.A.“] auf einem iPhone 5s gefilmt (Nein, Apple bezahlt mir
       wirklich nichts für diesen Text!). Und ein Thriller per App ist anno 2018
       auch kein Novum mehr – die alte Tante ZDF hatte das schon 2014 im Programm.
       Die Serie hieß tatsächlich, allen ernstes: „APP“ – und ist ebenso vergessen
       wie Oliver Hirschbiegels „Mörderische Entscheidung“, der erste TV-Krimi,
       der 1991 auf zwei Fernsehkanälen (ARD und ZDF) gleichzeitig aus zwei
       verschiedenen Perspektiven erzählt wurde.
       
       Es wurde also wirklich Zeit, dass ein [2][Steven Soderbergh in seiner
       Dreifaltigkeit] (als Director of Photography nennt er sich Peter Andrews,
       als Editor Mary Ann Bernard) sich der neuen Technik annimmt und seine erste
       „interaktive“ App-Serie vorstellt. Und wäre es nur, um Sharon Stone in
       ihrer besten Rolle seit „Basic Instinct“ (1992) zu besetzen.
       
       Als etwas neurotische Schriftsteller-Diva, deren einziger, aber umso
       größerer Erfolg schon eine ganze Weile zurückliegt: ein aus zwei
       Perspektiven – aus der Sicht eines Jägers und eines Bären, die beide die
       Ihren vor dem jeweils anderen beschützen wollen – erzähltes Kinderbuch.
       Leider wird Stone alias Olivia Lake (ein Name beinahe wie Norma Desmond)
       bald schon vermisst und die Geschichte ein im Grunde klassischer, durchaus
       spannender Whodunit.
       
       ## Nicht in Deutschland
       
       Erzählt aus der Perspektive von drei Personen, die vier Jahre später den
       wahren Täter finden wollen: die Schwester des damals möglicherweise
       unschuldig Verurteilten; der von der Diva damals abservierte und
       seinerseits verdächtige Toy Boy (Garrett Hedlund); der von seinem früheren
       Boss (Beau Bridges) – warum nur? – damals an weiteren Ermittlungen
       gehinderte jetzige Polizeichef von Summit, Utah.
       
       Die verschneite Ortswahl [3][lässt an „Fargo“ denken]. Tatsächlich könnte
       dieser Polizist, ein vollschlanker Gemüts- und Familienmensch, als
       männliche Version der guten Polizistinnen aus dem „Fargo“-Universum
       durchgehen. Man darf ihn nicht unterschätzen, auch wenn er keine
       Abhörgeräte hat wie die Kollegen in einer anderen Serie: „It’s called ‚The
       Wire‘. So, yes, of course, they have wires. But this is Summit, man. We
       don’t have wires.“
       
       Ja, natürlich, es ist eine App-Serie. Aber dies ist Deutschland, Mann. Wir
       haben Geoblocking: „You’re located outside of our service area.“ Da konnte
       der (in Rechtsfragen skrupulöse) Inländer „Mosaic“ nur in der von HBO
       besorgten konventionellen, sechsteiligen TV-Adaption sehen. Zumindest bis
       der hiesige HBO-Partnersender Sky die Serie nach rund zwei Monaten zum
       Osterwochenende schon wieder von seinen Plattformen entfernte. Doch es gibt
       Hoffnung: ab 2. Mai läuft sie wieder bei Sky Atlantic im Fernsehen.
       
       4 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Transgender-Komoedie-Tangerine-LA/!5316870
   DIR [2] /Neue-Netflix-Serie-Godless/!5462853
   DIR [3] /Serienkolumne-Die-Couchreporter/!5419058
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Müller
       
       ## TAGS
       
   DIR Die Couchreporter
   DIR Steven Soderbergh
   DIR TV-Serien
   DIR HBO
   DIR Serien-Guide
   DIR Sky
   DIR Die Couchreporter
   DIR Netflix
   DIR Sky
   DIR Die Couchreporter
   DIR Amazon Prime
   DIR Die Couchreporter
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne „Die Couchreporter“: Sitcom der Stunde
       
       Viele Comedy-Serien gruppieren sich um eine Couch – auch „The Middle“. Neu
       ist, dass vermehrt Sorgen um den sozialen Abstieg mitschwingen.
       
   DIR Kolumne Die Couchreporter: Esskultur ist rassistisch
       
       In der Netflix-Doku-Serie „Ugly Delicious“ geht es um die hässliche Seite
       von Pizza, Tacos, Dumplings und Fried Rice. Sollte man nicht hungrig
       gucken.
       
   DIR Serienkolumne Die Couchreporter: Kein Stil und keine Helden
       
       Die Mafia-Serie „Gomorrha“ geht in die dritte Staffel. Aber so gut
       gestorben wie in den Mafia-Serien der 80er-Jahre wird dabei nicht.
       
   DIR Serienkolumne Die Couchreporter: Depressiv, saufend, promiskuitiv
       
       Diversität und selbstermächtigte, weibliche Figuren zeichnen die
       Netflix-Serie „Jessica Jones“ aus. Doch das allein macht noch keine gute
       Serie.
       
   DIR Kolumne Die Couchreporter: Wenn's mal nicht der Gärtner war
       
       Langsam öden einen die vielen TV-Krimis an. Immer dieselben Plots. Die
       Serie „Search Party“ ist anders: Hier ermitteln Hipster beim Smoothie.
       
   DIR Kolumne Die Couchreporter: Eine neue Erzählung über Sucht
       
       „Love“ erzählt eine ganz normale Liebesgeschichte. Doch die klischeelose
       Darstellung einer Suchtkranken macht die Serie sehenswert.