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       # taz.de -- Wer wird neuer Fraktionsvorsitzender?: Es brodelt in der Hamburger SPD
       
       > Die SPD-Bürgerschaftsfraktion ist weiterhin führungslos. Am Montag steht
       > nun eine Kampfkandidatur rechts gegen links bevor.
       
   IMG Bild: Sollte nach dem Willen von Olaf Scholz Fraktionschef werden: Milan Pein
       
       HAMBURG taz | Die Sache sei „total festgefahren“, sagt eine Abgeordnete aus
       der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Wir sind kopflos“, sagt eine andere. Er
       habe „keine Idee, wie die Lösung aussehen könnte“, sagt ein dritter
       Abgeordneter. Damit steht er nicht allein: Die größte Fraktion im
       Landesparlament ist seit dem Wechsel ihres langjährigen Vorsitzenden
       Andreas Dressel in den Senat führungs- und orientierungslos.
       
       Auf der Fraktionssitzung am nächsten Montag kommt es, wenn nicht in letzter
       Sekunde doch noch eine Einigung erreicht wird, zu einer Kampfkandidatur um
       den Fraktionsvorsitz – und das droht zur Zerreißprobe für Fraktion und
       Partei zu werden.
       
       Milan Pein aus dem Kreis Eimsbüttel vom linken Flügel und Dirk Kienscherf
       aus dem Kreis Mitte des Chefrechten Johannes Kahrs stehen sich gegenüber.
       Keiner will verzichten, keiner darf verzichten, sagen manche.
       
       „Die stehen beide unter dem Druck ihrer Lager“, sagt eine Abgeordnete, die
       sich als unabhängig betrachtet, „beide dürfen gar nicht zurückstecken“. Mit
       der Konsequenz, dass am Montag ein Scherbenhaufen angerichtet werden
       könnte. „Ich glaube nicht, dass es im ersten Wahlgang eine Mehrheit für
       einen der beiden geben wird“, prophezeit sie: „Und was dann?“ Aus der
       Situation kämen weder Pein noch Kienscherf unbeschädigt heraus: „Zu dieser
       Kraftprobe hätte es gar nicht erst kommen dürfen.“
       
       Diese Zuspitzung konnte auch in mehreren Gesprächen nicht verhindert
       werden. Die neue Parteivorsitzende Melanie Leonhard, der bisherige
       Fraktionschef Andreas Dressel und Ksenija Bekeris, die als dienstälteste
       stellvertretende Fraktionsvorsitzende das Amt kommissarisch ausübt, hatten
       erfolglos versucht, den Konflikt zu lösen. Auf beide Kontrahenten hätten
       sie „eingewirkt, doch noch mal nachzudenken“, berichtet ein Abgeordneter –
       ohne Ergebnis.
       
       Das einzig Positive an der verfahrenen Lage sei, „dass Dirk und Milan
       pfleglich miteinander umgehen“, bestätigen mehrere Stimmen aus der
       Fraktion. „Es gibt keine persönlichen Verletzungen.“ Beide konkurrierten um
       einen Posten, der Verlierer wolle sich sportlich mit einer Niederlage
       abfinden, Nachkarten sei nicht zu erwarten.
       
       „Wer’s glaubt“, spottet eine Abgeordnete und erinnert an die
       Rechts-links-Konflikte in der Fraktion 2004. Damals hatte der Parteirechte
       Michael Neumann aus dem Kreis Mitte den Fraktionschef Walter Zuckerer,
       einen bekennenden Linken aus Altona, herausgefordert und mit 21:20 besiegt.
       Es folgte ein jahrelanger fraktionsinterner Kleinkrieg.
       
       Angekratzt sind denn auch schon Leonhard und Dressel. Der
       Parteivorsitzenden und Sozialsenatorin sprechen einige Abgeordnete das
       Recht ab, sich in Faktionsinterna einzumischen. Dem bisherigen Vorsitzenden
       werfen manche vor, sich nicht rechtzeitig um seine Nachfolge gekümmert zu
       haben.
       
       Das ist nur bedingt richtig. Auf der entscheidenden Sitzung vor vier Wochen
       hatten Bürgermeister Olaf Scholz, dessen Nachfolger Peter Tschentscher,
       Leonhard und Dressel sich auf Milan Pein als Fraktionschef verständigt –
       ohne Dirk Kienscherf, den Wunschkandidaten und Gefolgsmann von Johannes
       Kahrs, zu berücksichtigen. Seitdem brodelt es in Partei und Fraktion, und
       am Montag könnte die Eruption folgen.
       
       6 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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