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       # taz.de -- Präsidentschaftswahl in Sierra Leone: Maada Bio wird neuer Präsident
       
       > Vor sechs Jahren scheiterte Julius Maada Bio mit seiner Kandidatur. Nun
       > setzt er im zweiten Versuch der Herrschaft der radikalen APC ein Ende.
       
   IMG Bild: Wahlsieger Julius Maada Bio
       
       BERLIN taz | Als Julius Maada Bio im Jahr 2012 zum ersten Mal zu Wahlen in
       Sierra Leone antrat, stellte er sich vor Großbritanniens führendem
       außenpolitischen Thinktank Chatham House als Vertreter eines „jungen
       Landes“ vor. Präsentiert wurde der damals 47-Jährige als „Brigadier im
       Ruhestand“. Damals verlor er die Wahl deutlich, aber fünfeinhalb Jahre
       später ist Julius Bio am Ziel: Sierra Leones Wahlkommission rief ihn am
       Mittwochabend zum Sieger der Stichwahl um das Präsidentenamt aus. Wenige
       Minuten später legte er den Amtseid ab, mit Schwur auf die Bibel an einem
       zunächst geheimen Ort, der sich als Hotel in der Hauptstadt Freetown
       herausstellte.
       
       Die abrupte Nacht-und-Nebel-Vereidigung passt zu einer sprunghaften
       Karriere. Im Alter von nur 27 Jahren war Julius Maada Bio einer der jungen
       Soldaten, die 1992 Sierra Leones zivile Regierung wegputschten. Sie alle
       hatten zuvor in einer Eingreiftruppe im Nachbarland Liberia gedient. In der
       neuen Militärjunta von Kapitän Valentine Strasser wurde Bio
       Informationskommissar und stieg zur Nummer zwei des Regimes auf – um dann
       im Januar 1996 selbst die Macht zu ergreifen. Bio, dem damals eine Nähe zu
       Nigerias finsterem Militärdiktator Sani Abacha nachgesagt wurde, blieb aber
       nur zwei Monate Präsident. Er organisierte Wahlen, die die einstige
       Regierungspartei Sierra Leonische Volkspartei (SLPP) gewann.
       
       Bio ging in den Ruhestand und zog nach Großbritannien, wo er an der
       Universität Bradford ein Diplom in „Peace Studies“ erwarb, während sein
       Heimatland im Bürgerkrieg versank. Als Sierra Leone wieder friedlich wurde,
       kehrte er zurück, trat in die SLPP ein und arbeitete sich zielstrebig nach
       oben.
       
       Für die SLPP wird Bio nun Präsident. Dieses Sammelbecken der
       London-orientierten Elite hatte Sierra Leone nach der Unabhängigkeit 1961
       regiert, aber die Macht nach sechs Jahren an den radikaleren Dauerrivalen
       APC (All People’s Congress) verloren, der bis zum Putsch 1992 an der Macht
       blieb. Die Militärherrschaft von 1992 bis 1996 mit Bio-Beteiligung holte
       also letztendlich die SLPP zurück. Jetzt setzt Bio wieder einer
       zehnjährigen APC-Herrschaft ein Ende – diesmal mit demokratischen Mitteln.
       
       ## Knapper Sieg und keine Mehrheit im Parlament
       
       Julius Maada Bio sieht seine Rivalen als ewige Spalter und Aufwiegler, die
       Sierra Leone ins Elend stürzen und sich auf dubiose Freunde wie China oder
       Tony Blair verlassen, und sich selbst als Saubermann, der für
       Rechtsstaatlichkeit und Entwicklung sorgt. „Ich verspreche disziplinierte
       Führung und nicht bloß kosmetische Veränderungen“, versprach er vor den
       Wahlen und kündigte einen entwicklungspolitischen Schub an, denn
       „Demokratie kann nicht auf einem leeren Magen entstehen“. Sein
       Wahlkampfmotto: „Ein Land, ein Volk“.
       
       Aber die Wahl hat Bio mit nur 92.000 Stimmen Vorsprung gewonnen – 51,8
       gegen 48,2 Prozent. Und seine Partei hat keine Mehrheit im Parlament.
       „Neuland für Sierra Leone“, nennt diese Konstellation der BBC-Korrespondent
       Umaru Fofana und hofft, dass sie „das Risiko eines diktatorischen
       Präsidenten verringert“.
       
       5 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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