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       # taz.de -- Kommentar Ex-Staatschefs im freien Fall: Der Lula-Moment
       
       > Lula und Zuma starteten als Lichtgestalten. Sie drohen als tragische
       > Figuren zu enden, an die man sich vor allem für das erinnert, woran sie
       > scheiterten.
       
   IMG Bild: Geschrumpfte Sterne des Südens
       
       Vor rund zehn Jahren ging ein Gespenst um in der Welt: das Gespenst des
       globalen Südens, der dem weißen Norden die ökonomische Vorherrschaft und
       die politische Deutungshoheit abnehmen werde. Neue selbstbewusste
       Regionalmächte drängten nach oben, hochgespült durch den Rohstoffhunger
       Chinas, das Wachstum der Schwellenländer und die Finanzkrise in Europa und
       den USA. Führend dabei waren Brasilien und Südafrika, die Schwergewichte
       ihrer jeweiligen Kontinente, von zwei selbstbewussten Parteien in der
       Tradition von Befreiungsbewegungen geführt.
       
       Brasiliens Arbeiterpartei (PT) und Südafrikas Afrikanischer
       Nationalkongress (ANC) sahen sich beide als Vertreter der Entrechteten
       ihrer Länder und Träger eines historischen Projekts der Übertragung
       althergebrachter Privilegien von einer kleinen Kaste der Reichen an die
       breite Masse der Armen. Vom Südatlantik mehr vereint als getrennt, träumten
       die Regierungen Lula und Zuma von einer neuen Südallianz und einem neuen
       Entwicklungsmodell.
       
       Lulas Südafrika-Besuch 2013, als er schon nicht mehr im Amt war, aber noch
       nicht im Zwielicht stand, war ein Triumphzug. „Von Brasilien lernen“ wurde
       zum Motto in Südafrika, und viele ANC-Politiker hofften auf einen
       „Lula-Moment“, denn schon damals war offensichtlich, dass Zuma für
       Südafrika längst nicht so viel leistete, wie es Lula für Brasilien getan
       hatte.
       
       Den [1][Lula-Moment] erlebt Südafrika jetzt, aber nicht so, wie erhofft.
       Jacob Zuma steht unter Korruptionsanklage vor Gericht, während Lula da
       Silva seine Prozesse bereits verloren hat und mit dem Antrag auf
       Haftverschonung gescheitert ist. Beide sind auf ähnliche Weise in Ungnade
       gefallen: in komplexe Korruptionsaffären verstrickt, aus denen die einst
       von ihnen geführten Parteien nicht mehr herausfinden.
       
       Im Lichte dieser Skandale entpuppt sich der Aufstieg des globalen Südens
       als Siegeszug nicht einer progressiven Alternative, sondern mächtiger
       Privatinteressen, die den Geltungsdrang der progressiven Herrscher für sich
       zu nutzen wussten. Die beiden Unternehmerdynastien Gupta in Südafrika und
       Odebrecht in Brasilien stehen für ein Wirtschaftsmodell der
       Vetternwirtschaft, das zwar Bankkonten füllt, aber mit Demokratie und
       Inklusion der Armen wenig zu tun hat.
       
       Die ökonomische Vorherrschaft und die politische Deutungshoheit des weißen
       Nordens schwinden trotzdem. Aber für die Menschen im Süden sind die
       Alternativen nicht besser. Lula und Zuma starteten als Lichtgestalten. Sie
       drohen als tragische Figuren zu enden, an die man sich vor allem für das
       erinnert, woran sie scheiterten.
       
       5 Apr 2018
       
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