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       # taz.de -- Kommentar Anschlag in Münster: Erklären, was nicht zu erklären ist
       
       > Der Täter scheint ein Einzeltäter gewesen zu sein – und die Tat keine
       > politisch motivierte. Darüber erleichtert zu sein, greift zu kurz und ist
       > falsch.
       
   IMG Bild: Der Täter hätte kaum durchschnittlicher sein können – es braucht keine wie immer gearteten Randgruppen, um zu morden
       
       Ein Mann rast mit seinem Campingbus in eine friedliche Menge von
       Kaffeehausbesuchern, [1][tötet dabei mindestens zwei Menschen] und verletzt
       viele andere. Danach erschießt er sich selbst. Einer Logik und Vernunft
       folgenden Gesellschaft fällt es schwer, so etwas Unbegreifliches zu
       akzeptieren wie diese Tat in Münster. Das ist verständlich, entspricht es
       doch dem Impuls nach Aufklärung eines solchen Verbrechens. Doch der
       Versuch, eine offenbar irrationale Tat rationaler Logik zugänglich zu
       machen, hat seine Tücken.
       
       Wenn rechte Politiker kurz nach der Tat, wie hier geschehen, von einem
       islamistischen Hintergrund schwadronieren, dann steht dahinter ganz
       offensichtlich der Wunsch, einen Mord für eigene Zwecke politisch zu
       instrumentalisieren. Aber auch hinter der in linken Kreisen gestellten
       Vermutung, der Täter könnte rechtsradikalen Kreisen entstammen, steckt die
       Vorstellung, die Tat ließe sich entsprechend unseres politischen
       Koordinatensystems einordnen. In beiden Fällen gilt: Der Täter möge dem
       eindeutig Bösen entstammen.
       
       Nach dem derzeitigen Stand der polizeilichen Ermittlungen aber trifft weder
       das eine noch das andere zu. Die Tat hat offenbar keinerlei politischen
       Charakter. Und schon wendet man sich ab, verbucht das Ganze als Amoklauf
       eines Irrsinnigen, dem keine weitere Bedeutung zuzumessen ist.
       
       Das ist falsch.
       
       ## Erleichterung ist fehl am Platz
       
       Denn auch die vermeintlich politisch motivierten Täter, die Menschen
       wahllos umbringen und sich dabei oder anschließend selbst in die Luft
       jagen, folgen mit ihrer Tat ja nicht unbedingt einer rationalen Logik.
       Viele von ihnen nutzen eine Ideologie, um ihrer Tat eine größere Bedeutung
       zu geben und posthum publizistischen Ruhm einfahren zu können. Mit den
       vermeintlichen Drahtziehern der Tat sind sie in Wahrheit oft eher lose
       vernetzt. So wird das eigentlich Unerklärliche erklärlich.
       
       Der Täter von Münster war nach allem, was wir bisher wissen, ein weißer
       deutscher Mann mittleren Alters im Besitz eines Führerscheins und ohne
       jeden Migrationshintergrund. Durchschnittlicher geht es kaum. Die
       beunruhigende, wenn auch nicht ganz neue Erkenntnis lautet: Nein, es
       braucht keine wie immer gearteten Randgruppen, um zu morden. Anleihen einer
       politischen Ideologie sind nicht notwendiger Bestandteil der Begründung
       einer Amoktat.
       
       Erleichterung, dass dies keine vermeintlich politische Tat war, ist deshalb
       völlig fehl am Platz. Aber eine Frage bleibt dann doch: Wie bitte war es
       möglich, dass der polizeilich nicht unbekannte Täter über eine Schusswaffe
       verfügen konnte? Nicht nur die überlebenden Opfer und ihre Angehörigen
       warten dringend auf eine Antwort.
       
       8 Apr 2018
       
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