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       # taz.de -- Skandalfußballer Éver Banega: Nur für einen Klub gut
       
       > Der FC Sevilla setzt gegen den FC Bayern seine Hoffnungen auf die
       > Rückkehr von Éver Banega. Der Argentinier ist inzwischen unersetzlich.
       
   IMG Bild: „Er passt und passt und drückt dich nach hinten, ohne dass du es merkst“
       
       Sevilla taz | Es gab eine Zeit, da ging nicht nur der Ferrari von Éver
       Banega hinter ihm in Flammen auf. Da schien auch seine ganzes Talent zu
       verglühen. Pleiten, Pech und Pannen, garniert mit etlichen Eskapaden – so
       mäanderte die Karriere vor sich hin, aber immerhin konnte er in jenem
       Sommer 2012 noch schnell genug aussteigen, als die plötzlich brennende
       Karosse am Trainingsgelände seines damaligen Klubs Valencia sogar einen
       Buschbrand entfachte. Was insofern nicht selbstverständlich war, als er
       sich noch von einem Schien- und Wadenbeinbruch erholte, den er sich bei dem
       Versuch zugezogen hatte, an der Tankstelle sein davonrollendes Auto mit dem
       Fuß zu stoppen.
       
       Heute weiß man, dass Banega, 29, so viel Talent besitzt, dass er es
       trotzdem zum Hoffnungsträger in einem Champions-League-Viertelfinale
       gebracht hat. Wenn Sevilla bei Bayern München nach dem 1:2 des Hinspiels
       noch vom Weiterkommen träumt, dann weil der gelbgesperrte Banega
       zurückkommt.
       
       Der argentinische Regisseur, der mit Abstand die meisten Pässe der
       Champions League spielt (919). Den Sevillas Ex-Sportdirektor Monchi als
       „Spieler mit der größten Klasse“ bezeichnet, den er in 16 Jahren Amtszeit
       verpflichtete. Dem Manchester Uniteds José Mourinho im Achtelfinale einen
       Sonderbewacher hinstellte und doch nicht verhindern konnte, was
       Trainerkollege Diego Simeone von Atlético Madrid so beschreibt: „Er passt
       und passt, und drückt dich nach hinten, ohne dass du es merkst.“
       
       ## Messi mit Skandalen
       
       Im Sommer bei der WM soll er Lionel Messi die Unterstützung aus dem
       Mittelfeld liefern, und das passt auch deshalb, weil beide aus derselben
       Stadt kommen. In Rosario spielten sie zu Kindertagen für örtliche Vereine
       gegeneinander, beide sind außerdem Anhänger des lokalen Erstligisten
       Newell’s Old Boys, dessen Wappen Banega sich aufs Bein tätowiert hat. Damit
       hören die Gemeinsamkeiten allerdings auf. Anders als Messi kommt Banega aus
       armen Verhältnissen („Wir litten so viel Hunger, dass wir fast Schlamm
       aßen.“) und wo der zurückhaltende Messi in Barcelonas Vereinsinternat zum
       Musterknaben reifte, genoss Banega den frühen Reichtum: „Ich habe Fehler
       gemacht, ich war jung, ging zu viel aus“, er weiß es selbst. Wenn der eine
       als Genie zum Nachfolger Maradonas avancierte, tat es der andere als
       Skandalnudel.
       
       Banega gehörte 2007 zu den U20-Weltmeistern, die bei ihrer Siegesparty in
       Toronto eine Hoteletage zerlegten. Und als er ein Jahr später, immer noch
       Teenager, für 18 Millionen Euro von Boca Juniors nach Valencia wechselte,
       begleitete ihn nicht der Sohn, den er schon hatte – sondern ein lanciertes
       Video, das ihn beim Masturbieren vor dem Computer zeigte.
       
       Die Skandälchen der folgenden Jahre umfassen das klassische
       Fußballerrepertoire in seltener Vollständigkeit: Alkohol am Steuer,
       betrunken beim Training und so hartnäckiges Übergewicht, dass ihm der
       Verein das Essen vorkochen ließ und später eine Privatköchin anheuerte.
       Zwischendrin posierte er auf Facebook im Real-Madrid-Trikot, auch das kam
       nicht gut an in Valencia, wo Kritiker über die zwei Millionen Euro
       spotteten, für die er schließlich 2014 zu Sevilla wechselte – das sei immer
       noch zu viel für einen Spieler mit allen Symptomen eines Ex-Profis.
       
       ## Funktioniert nur in Sevilla
       
       Die Andalusier, anerkanntes Reha-Zentrum für gestrandete Karrieren, standen
       vor ihrem schwierigsten Fall. „Ein kaputtes Spielzeug, tief verwundet, er
       brauchte Zuneigung und hat das perfekte Ambiente gefunden.“ So beschrieb
       ein Klubmitarbeiter die erstaunliche Renaissance. Mit seiner perfekten
       Technik und dem Gefühl für Zeit und Raum eines Fußballspiels machte er den
       abgewanderten Ivan Rakitić vergessen. Die letzten zwei Titel von Sevillas
       Europa-League-Hattrick zwischen 2014 und 2016 trugen seine Handschrift.
       
       Dass er danach, angelockt von einer stattlichen Gehaltsaufbesserung, zu
       Inter Mailand wechselte und dort nicht glücklich wurde – wen sollte das
       noch überraschen? Banega ist, was die Engländer einen „one club man“
       nennen. Mit dem Unterschied, dass er zwar nicht nur für einen Klub gespielt
       hat, aber nur in einem funktioniert.
       
       Vorigen Sommer traf er im Urlaub zufällig Sevilla-Profi Vicente Iborra
       (inzwischen Leicester City), gestand ihm sein Unglück und seine Sehnsucht
       nach dem alten Hafen. Einen Vermittlungsanruf folgte, bald war er zurück.
       Man würde vermuten, dass er jetzt für immer in Sevilla bleibt. Aber bei
       Éver Banega weiß man es natürlich nie.
       
       11 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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