URI: 
       # taz.de -- Nach dem Brand im russischen Kemerowo: Trauer um die Opfer – und Zorn
       
       > In Russland gedenken Tausende der Toten der Brandkatastrophe in einem
       > Einkaufszentrum. Viele sind wütend auf die Verantwortlichen.
       
   IMG Bild: Kerzen für die Opfer von Kemerowo: Auch in Moskau trauerten Massen
       
       BERLIN taz | Trauermusik, Tränen, ein Meer von Blumen, brennende Kerzen und
       ein kleines Denkmal mit weißer Inschrift auf dem Manegenplatz im Zentrum
       von Moskau: „Kemerowo 25.03.2018“. „Es ist grauenhaft, was mit uns
       geschehen ist. Wir sind in tiefer Trauer, wir müssen jetzt in uns die Kraft
       finden, um mit dieser Tragödie fertig zu werden, wir müssen
       zusammenhalten“, sagt eine 65-jährige Moskauerin, die ihre Tränen nicht
       zurückhalten kann.
       
       Nicht nur in der russischen Hauptstadt, sondern landesweit gedachten am
       Mittwoch Tausende der Opfer des Brands im sibirischen Kemerowo am
       vergangenen Sonntag. Dort waren in einem Einkaufszentrum offiziellen
       Angaben zufolge mindestens 64 Menschen ums Leben gekommen, die meisten von
       ihnen Kinder. Bis zum Mittwoch wurden nach Angaben des regionalen
       Notfallministers Alexander Mamontow 27 Tote identifiziert. Von einigen
       Dutzend Personen fehlt nach wie vor jede Spur. Daher gehen Mitglieder eines
       Aktionsbündnisses, das sich spontan in Kemerowo gegründet hat, davon aus,
       dass die tatsächliche Opferzahl weitaus höher sein dürfte.
       
       Nicht minder tragisch als das Ereignis an sich sind die Begleitumstände. So
       habe es in der Shopping-Mall „Winterkirsche“ laut Direktorin Julia
       Bogdanowa nicht ständig einen Zugang zu den Notausgängen gegeben. Nur wenn
       Feueralarm ausgelöst worden sei, öffneten sich die Türen automatisch. Die
       Alarmanlage sei aber am Tag des Unglücks außer Betrieb gewesen. Ein
       Mitarbeiter des Gebäudeschutzes, der mit vier anderen Personen im Zuge von
       Ermittlungen zu der Brandkatastrophe festgenommen wurde, will die Leitung
       über die nicht funktionieren Alarmanlage informiert haben.
       
       In der Region Kemerowo wurden am Mittwoch die ersten Opfer beigesetzt. Tags
       zuvor hatten im Zentrum der Industriestadt Hunderte Menschen aus Wut über
       die Verletzung von Sicherheitsvorschriften, das Nichtfunktionieren der
       Alarmanlage und die ungenügende Zahl von Feuerwehrleuten protestiert.
       
       ## Demonstranten fordern Rücktritt von Regionalgouverneur
       
       Ihr Zorn richtete sich auch gegen den Regionalgouverneur Aman Tulejew,
       dessen Rücktritt die Demonstranten forderten. In einer Ansprache an die
       Bewohner hatte Tulejew in Anspielung auf die Demonstration von „bestimmten
       Kräften, die versuchten die Menschen gegeneinander aufzuhetzen und aus
       fremden Leid Profit zu schlagen“ gesprochen. Präsident Wladimir Putin hatte
       am Dienstag in Kemerowo das Unglück auf „kriminelle Nachlässigkeit und
       Schlamperei“ zurückgeführt.
       
       Mitarbeit: Femida Selimova, Moskau
       
       28 Mar 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
       ## TAGS
       
   DIR Russland
   DIR Trauer
   DIR Demonstrationen
   DIR Brandkatastrophen
   DIR Brand
   DIR Schengen-Abkommen
   DIR EU
   DIR Russland
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Fabrikbrand in Neu Delhi: Über 40 tote Arbeiter
       
       Das Feuer brach am frühen Morgen im Marktviertel der indischen Hauptstadt
       aus. Im Gebäude sollen zu dem Zeitpunkt mehrere Arbeiter geschlafen haben.
       
   DIR EU plant militärisches Schengen: Schneller an die Ostfront
       
       Die EU-Kommission will die „militärische Mobilität“ in Europa fördern – und
       das mitten in der Krise mit Russland. Die zivile Mobilität hingegen hinkt.
       
   DIR Die EU und der Fall Skripal: Uneins und gespalten
       
       Nach der Ausweisung russischer Diplomaten hat am Dienstag auch die Nato
       Sanktionen verhängt. Andere Länder weigern sich jedoch.
       
   DIR Kommentar EU-Reaktion auf Giftanschlag: Putin strafen, Erdoğan schmieren
       
       Zynischer hätte die EU auf den Fall Skripal nicht reagieren können. Die
       Ausweisung russischer Diplomaten ist ein Tiefpunkt der gemeinsamen
       EU-Außenpolitik.