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       # taz.de -- Nach der Mietenwahnsinn-Demo: Jetzt wird's radikal
       
       > Der Kampf gegen den Mietenwahnsinn geht nach der Großdemo weiter.
       > Aktivisten wollen streiken, enteignen und politische Änderungen
       > erzwingen.
       
   IMG Bild: Allein mit einem kritischen Blick wird die Deutsche Wohnen nicht davon kommen
       
       ## Deutsche Wohnen enteignen
       
       Die Enteignung des größten Immobilienkonzerns der Stadt, der
       börsennotierten Deutsche Wohnen, mag eine absurd-unrealistische Forderung
       sein. Fakt ist, sie wird die wohnungspolitische Debatte der Stadt bald
       prägen. Die Akteure, die schon mit dem Mietenvolksentscheid die Politik
       erfolgreich unter Druck gesetzt haben, [1][öffnen dem Denken damit wieder
       neue Räume] – ganz so, wie es soziale Bewegungen tun müssen.
       
       Noch ist das Vorhaben in seiner finalen Koordinierungsphase – am 26. April
       soll es vorgestellt werden. Der taz sagt Rouzbeh Taheri, Sprecher der
       Initiative Mietenvolksentscheid, vorab: „Die Deutsche Wohnen mit ihrer
       marktmächtigen Stellung und ihrer bekannten mieterfeindlichen Praxis ist
       ein natürliches Ziel einer Kampagne. Ein wichtiger Inhalt wird sein, wie
       man das Thema Enteignung eines Großkonzerns auf Landesebene umsetzen kann.“
       
       Mehr als 110.000 Wohnungen hat der Konzern in der Stadt, die Mehrzahl war
       bis zur Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaften Gehag und GSW im
       städtischen Besitz. Betroffene Mieterinnen sind seit Langem organisiert,
       auf der [2][Demo am Samstag] bildeten sie einen eigenen Block.
       
       Zusammen mit dem Mietenvolksentscheid und Kotti & Co organisieren sie nun
       den Frontalangriff aufs Kapital. Auf den Gesetzesvorschlag, wie die
       Wohnungsbestände zurück in die öffentliche Hand gebracht werden können,
       darf man gespannt sein. Immerhin: Artikel 14 des Grundgesetzes besagt,
       dass, sofern entschädigt wird, „eine Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit
       zulässig ist“.
       
       ## Mieterstreikrecht durchsetzen
       
       Es ist ja nicht so oft, dass aus der SPD Anstöße für soziale Bewegungen
       kommen, schon gar keine bewussten. Die um ihr linkes Image bemühte
       Kreuzberger Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe jedoch [3][machte jüngst
       einen Aufschlag], in dem sie ein Streikrecht für MieterInnen forderte.
       Denn, so ihre Argumentation in einem Gastbeitrag für die taz: „Wenn kein
       Geld mehr fließt, sind Vermieter schnell bereit, sich auf Augenhöhe mit den
       Mietenden an einen Tisch zu setzen.“ Nötig dafür seien
       Mietergewerkschaften, die sowohl die Verhandlungen führen können als auch
       die Mietzahlungen während eines Streiks auf einem Treuhänderkonto bündeln
       und nur im Falle einer Einigung ausbezahlen.
       
       Ganz links der SPD wird das Thema [4][schon länger verhandelt], um die
       Individualisierung in Mietauseinandersetzungen zu überwinden. Valentin
       Domann, Pressesekretär der Basisgewerkschaft FAU, sagt: „Erfahrungen der
       syndikalistischen Gewerkschaftsbewegung können für die kämpferische
       Organisierung von MieterInnen sehr hilfreich sein. Eine gemeinsame Form der
       Organisierung unserer Kämpfe wird immer notwendiger.“
       
       Mietervereine bieten zwar professionelle Einzelberatungen, ein
       Verbandsklagerecht jedoch fehlt. Ebenso wie ein rechtlicher Schutz bei
       Streiks. Vorbilder für erfolgreiche Gewerkschaften jedoch gibt es, etwa die
       „Rentner’s Unions“ in London. 2016 traten dort mehr als 1.000 Studierende
       fünf Monate in den Mietstreik – und erstritten günstigere Wohnheimmieten.
       
       ## Gewerbemieter schützen
       
       Erfolgreiche Rettungsaktionen für bedrohte Kleingewerbe in Kreuzberg wie
       die Bäckerei Filou oder den Buchladen Kisch & Co. haben einen Scheinwerfer
       auf das Problem der steigenden Mieten für Gewerbeflächen geworfen. Während
       es für WohnungsmieterInnen zumindest theoretisch gesetzliche
       Schutzmechanismen gegen Mietwucher und Verdrängung gibt, sind Gewerbe der
       ganzen Wucht des Marktes ausgeliefert.
       
       Dabei trifft es nicht nur den kleinen Kiezladen nebenan, sondern auch
       Kindertagesstätten, Sozial- und Kultureinrichtungen, ja selbst betreute
       Wohnformen. Im Zuge der Privatisierungswellen sind viele Objekte aus
       kommunaler Hand in den Besitz privater Investoren übergegangen. War die
       Rückanmietung durch Land und Bezirke über Jahre meist unkompliziert, häufen
       sich zuletzt die Fälle dramatischer Mietsteigerungen und Kündigungen.
       
       Die bekannteren aktuellen Konflikte betreffen das autonome
       [5][Jugendzentrum Drugstore/Potse in Schöneberg] – am Samstag Endpunkt der
       Demo – und die Projekträume in der Lausitzer Straße 10/11 in Kreuzberg.
       Aktivisten aus dem Bezirk werden ihren Einsatz für Kleingewerbe demnächst
       auf eine professionellere Basis stellen: mit 30.000 Euro [6][Fördermittel
       aus einem Senatsprogramm].
       
       Pascal Meiser, Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, fordert von der
       Bundesregierung einen [7][Gesetzentwurf zum Schutz kleiner
       Gewerbetreibender], Handwerksbetriebe und Sozialeinrichtungen: „Dieser
       müsste in einem ersten Schritt eine Mindestvertragslaufzeit mit Option auf
       Verlängerung, ein Sonderkündigungsrecht für den Mieter und eine Obergrenze
       für Mieterhöhungen festschreiben.“ In Frankreich sei das „schon lange so
       geregelt“.
       
       16 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5278275/
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   DIR [3] /!5493922/
   DIR [4] https://direkteaktion.org/211-gewerkschaft-als-mieterorganisation/
   DIR [5] /!5495748/
   DIR [6] /!5491271/
   DIR [7] /!5472516/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
   DIR Daniél Kretschmar
       
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