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       # taz.de -- Experte Robert Kappel über Afrikas Armut: „Afrikas Eliten bereichern sich selbst“
       
       > Der Ex-Chef des German Institute of Global and Area Studies (GIGA)
       > erklärt, warum viele innerafrikanische Probleme heute hausgemacht sind.
       
   IMG Bild: Von der eigenen Regierung vergessen: Viehzüchter und andere Kleinunternehmer in Malis Dörfern
       
       taz: Herr Kappel, warum ist Afrika trotz Entwicklungshilfe immer noch so
       arm? 
       
       Robert Kappel: Weil Afrika seit der Unabhängigkeit den Strukturwandel nicht
       gut gemanagt hat, etwa die Modernisierung der Landwirtschaft und die
       Industrialisierung.
       
       Wie kann das sein? 
       
       In 90 Prozent der Länder Afrikas hat es keinen Entwicklungsstaat gegeben,
       der diesen Strukturwandel betrieb. Die Staatseliten haben sich um ihr
       eigenes Wohlbefinden gekümmert.
       
       Ist es überhaupt statthaft, von ganz Afrika zu sprechen? 
       
       Nein. Wir haben sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten. Botswana,
       Mauritius, Kapverden haben in den letzten 50 Jahren den Sprung geschafft.
       Auch Kenia und Senegal sind trotz aller internen Probleme sehr gut
       aufgestellt. Zu den am wenigsten entwickelten Ländern gehören solche mit
       fragiler Staatlichkeit wie die Sahel-Staaten Niger, Tschad, Mali, Somalia.
       Nigeria, Kamerun, Angola und Mosambik wiederum haben durch ihre Rohstoffe
       eigentlich gute Voraussetzungen. Aber sie haben die Rohstoffe nicht
       verwendet, um die Produktion zu diversifizieren und auch Agrar- und
       Nahrungsmittelindustrie zu fördern.
       
       Warum nicht? 
       
       Weil sie vor allem auf die Kooperation mit multinationalen Unternehmen
       setzen und ihren Mittelstand, kleine und mittlere Unternehmen nicht
       fördern.
       
       Wie ist das zu erklären? 
       
       Nach der Unabhängigkeit sind oft Eliten an die Macht gekommen, die sich
       nicht für die Gesamtbevölkerung interessieren. In Angola, Mosambik und
       Nigeria sind heute ruchlose Eliten an der Macht, die sich vor allem selbst
       bereichern. Das hat auch mit dem Verständnis von Demokratie und Staat zu
       tun. Wer in Afrika eine Wahl gewinnt, nimmt als Sieger alles – alle Posten,
       alle Möglichkeiten, alle finanziellen Vorteile. Und weil diese Regierungen
       fürchten müssen, dass sie wieder abgesetzt werden, versuchen sie möglichst
       schnell viel zu greifen.
       
       Gibt es keine Hoffnung? 
       
       Doch. In den letzten Jahren entsteht etwa in Ruanda, Äthiopien und Tansania
       eine stärker technologisch orientierte Elite, die in Infrastruktur,
       Bildung, Gesundheitssystem investiert und Landwirte sowie Klein- und
       Mittelunternehmer fördert.
       
       Und was kann der Globale Norden tun? 
       
       Endlich faire Handelsverträge und Investitionen bieten, die nicht nur in
       den Rohstoffbereich, sondern auch in die Industrieentwicklung gehen. Auch
       müssen die USA, Europa, aber auch China aufhören, Afrika als das letzte
       Hinterland eines neuen postkolonialen Modells sehen.
       
       15 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Petra Schellen
       
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