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       # taz.de -- Kolumne Mithulogie: Babykacke gegen das Patriarchat
       
       > New Yorker*innen haben zwar keine staatliche Kinderbetreuung, aber
       > Wickeltische auf Männertoiletten. Die wollen wir auch.
       
   IMG Bild: Kacke ist Frauensache? My ass!
       
       Zu den Dingen, die Frauen besonders gut können, gehört anscheinend, Babys
       den Po abzuwischen. Volle Windeln sind das, was das Mutterherz begehrt –
       oder das Herz einer beliebigen Person in genderkonformer Kleidung. Denn das
       Icon, das den Weg zum Wickelraum weist, besteht aus einem Strichmenschchen
       im gleichschenkligen Rock, gebeugt über ein Strichbaby auf Kniehöhe. Das
       wäre der rolligerechte Wickeltisch, doch ist der damit nicht gemeint. Auch
       nicht, dass die angemessene Wickelkleidung ein Kleid erfordert. Sondern
       ganz simpel, dass Kacke Frauensache ist.
       
       Rafael Espinal vom New Yorker Stadtrat sah das anders und setzte im
       Dezember ein Gesetz durch, das in öffentlichen Gebäuden Wickeltische nicht
       mehr nur auf Frauen-WCs, sondern auch auf Männertoiletten obligatorisch
       macht. Da auch Männer Babys haben. Es sei denn, es gibt einen Wickelraum
       oder genderneutrale Toiletten. Es muss nicht extra ein Männerklo gebaut
       werden, um Männern zu beweisen, dass sie als Väter ernst genommen werden
       und nicht nur als Ersatzmütter, bis die vom Nasepudern zurückkommen und die
       echte Babyarbeit übernehmen. In der Gender-Welt der Icons haben die 50er
       Jahre nie aufgehört.
       
       Was New York kann, kann Köln schon lange, entschied Daniel Adler, Referent
       der SPD-Fraktion in der Domstadt am Rhein, und stellte im Februar einen
       entsprechenden Antrag. Oder auf Kölsch: Et kütt wie et kütt. Und das, was
       kütt, sind ab jetzt Wickeltische in Männerklos.
       
       Aber warum ist das so wichtig? Schließlich habe ich mein Kind auch auf
       Hörsaaltischen und Heckklappen von fremden Autos gewickelt. Es ist wichtig,
       weil die Informationen, die wir über Geschlecht bekommen, noch so krude
       sein können; unser Gehirn verarbeitet sie alle hocheffizient und verhält
       sich entsprechend. Zwei Beispiele: Der Psychologe William Ickes versuchte
       herauszufinden, ob Frauen wirklich Empathiegenies sind versus der „Gefühle,
       was’n das?“-Männer, doch alle Geschlechter schlossen gleich gut ab – bis
       sie nach dem 6. Testdurchlauf daran erinnert wurden, dass Frauen viel
       besser … und prompt produzierten die Testpersonen die erwarteten
       Ergebnisse.
       
       Ebenso absolvierten Frauen Mathetests nur schlechter, solange sie daran
       erinnert wurden, dass sie Frauen waren, indem sie beispielsweise vorher
       Frauenzeitschriften in die Hand gedrückt bekamen. Wenn ihnen dagegen gesagt
       wurde, dass es bei dem Test keine Geschlechterunterschiede gäbe, erreichten
       sie Topergebnisse.
       
       Der Fachbegriff dafür ist: Stereotype Threat. Und die Tatsache, dass es
       einen Fachbegriff dafür gibt, sollte uns motivieren, alle Icons mit
       Schnurrbärten und High Heels zu queeren und einen Warnton für den Rundfunk
       zu fordern, der anspringt, sobald jemand „typisch Mann“ oder „typisch Frau“
       sagt: STEREOTYPE THREAT!
       
       16 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mithu Sanyal
       
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