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       # taz.de -- Kommentar EU und Syrien: Europa muss mit an den Tisch
       
       > Eine politische Lösung für Syrien ist dringend nötig. Die EU kann sie
       > nicht allein Gewaltherrschern überlassen, denen die syrische Bevölkerung
       > egal ist.
       
   IMG Bild: Sollte die Syrien-Diplomatie mitgestalten: die EU-Vertreterin für Außenpolitik, Federica Mogherini
       
       Unter jedem denkbaren Gesichtspunkt, bei dem der Respekt vor Menschenleben
       eine Rolle spielt, waren [1][die Militärschläge gegen Assads
       Chemiewaffenprogramm] ein voller Erfolg. Ein für Syriens Militär zentrales
       Forschungszentrum wurde in Schutt und Asche gelegt, ebenso zwei weitere
       Stätten, die für den Einsatz chemischer Kampfstoffe durch Syriens Regierung
       wichtig sind. Niemand ist dabei gestorben.
       
       Kein auch nur ansatzweise menschlich Denkender kann ernsthaft etwas dagegen
       einwenden, dass ein blutrünstiger Diktator, der für den Tod
       Hunderttausender seiner Bürger verantwortlich ist, jetzt weniger
       Massenvernichtungswaffen herstellen und einsetzen kann. Die einzig mögliche
       Grundsatzkritik, jenseits von blinder Solidarität mit einem
       Massenmordregime, ist formaler Natur: Es gab kein UNO-Mandat, und der
       Militärschlag barg das Risiko einer Eskalation. Beides ist korrekt, aber in
       diesem Fall irrelevant.
       
       Ist der gezielte und begrenzte Einsatz militärischer Gewalt gegen ein
       völkerrechtswidriges Waffenprogramm völkerrechtswidrig? Chemische Waffen
       sind international geächtet, Syrien hat sich vor fünf Jahren auf UNO-Ebene
       zur vollständigen Zerstörung seiner Arsenale und seines Programms
       verpflichtet und diese Verpflichtung laut UNO nicht erfüllt. Erst vor
       wenigen Wochen verkündete UNO-Generalsekretär António Guterres, er freue
       sich auf die Zerstörung der vom Assad-Regime noch unterhaltenen
       Chemiewaffenproduktionsstätten.
       
       Die befürchtete Eskalation hat es nicht gegeben, denn der Militärschlag
       wurde so ausgeführt, dass Russland nicht direkt zurückschlagen konnte und
       auch hinterher von Gegenschlägen Abstand genommen hat. Statt einer
       militärischen Eskalation gibt es jetzt neue diplomatische Initiativen. Das
       ist zu begrüßen.
       
       Es muss verhindert werden, dass Assad die restlichen Rebellengebiete, in
       denen mehrere Millionen Menschen leben, in Trümmer legt. Dafür muss eine
       glaubwürdige und einklagbare Schutzgarantie her, etwa unter Mitwirkung der
       Türkei, und ein neuer politischer Prozess, wofür die aktuellen Initiativen
       aus der EU stehen.
       
       Eine politische Lösung für Syrien kann nicht den Gewaltherrschern in
       Damaskus, Moskau, Ankara und Teheran überlassen werden, denen die syrische
       Bevölkerung egal ist. Wer im Sinne von Syriens Bevölkerung mitspielen will,
       muss sich aber eben mit auf das Spielfeld begeben. Im internationalisierten
       Syrienkrieg wird nur respektiert, wer selbst Risiken eingeht. Wer nur am
       Spielfeldrand damit hadert, ob ein Strafstoß ohne Videobeweis zulässig war
       oder nicht, wird ignoriert.
       
       Washington, Paris und London haben den Einsatz gewagt und haben dadurch
       jetzt eine Stimme in der Syrien-Diplomatie. [2][Europa kann sich
       anschließen und mitgestalten], wenn es keine Zeit verliert und lernt,
       politisch zu denken.
       
       16 Apr 2018
       
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