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       # taz.de -- Kolumne „Jung und dumm“: Immer in Bewegung bleiben
       
       > „Ich will so bleiben, wie ich bin!“ „Du darfst!“ Ob ich auch umziehen
       > darf? Das steht nämlich bevor. Mittlerweile zum 27. Mal.
       
   IMG Bild: Siebenundzwanzigmal bin ich jetzt schon umgezogen, und jedes Mal wurde ich schlauer
       
       Sollte man das Fleisch langsam, blutig und in vielen Durchgängen, immer
       tiefer neu ansetzend, abhobeln oder die Käsereibe besser rhythmisch mit der
       Reibeseite nach vorn auf den Kopf des Gegners aufdonnern lassen?
       
       Diese und ähnliche Fragen zu klären – oder zumindest ihrer Beantwortung ein
       kleines Stück näher zu kommen – war das Ziel eines dreimonatigen
       Intensivlehrgangs meiner bewegolomanischen Aerobic-Trainerin Paranova N. im
       Mittelhessischen, von dem ich soeben zurückgekehrt bin.
       
       Drei Monate sind eine recht lange Zeit, und so kam es, dass ich erneut, wie
       schon so oft in meinem Leben, obgleich offenbar nicht oft genug, umziehen
       musste. „Nachher ist man immer schlauer“, sagt dumm, aber richtig der
       Volksmund. Siebenundzwanzig Mal bin ich jetzt schon umgezogen, und jedes
       Mal wurde ich schlauer. Ich bin jetzt sehr, sehr schlau.
       
       Neulich kam mir ein fesselnder Gedanke dazu. Er lautete: Wäre es nicht
       toll, wenn man nach jedem Umzug neben der neuen zugleich noch die alte
       Wohnung bewohnen müsste, also die, aus der man ausgezogen ist? In meinem
       Fall wären das – nein, nicht siebenundzwanzig, sondern sogar achtundzwanzig
       (denken Sie doch mal nach!) verschiedene Wohnungen, die ich in kompliziert
       zu berechnenden Wechselintervallen zu bewohnen hätte.
       
       Hinzu kommt die hinsichtlich des Umfangs ihrer Auswirkungen nicht zu
       unterschätzende Tatsache, dass in diesem Modell einer Welt ja jeder so
       wohnte, das heißt, man sich mit den zahlreichen anderen Bewohnern einer
       jeden Wohnung über die individuellen Anwesenheitszeiten jedes Einzelnen
       abstimmen müsste. Ich bin mir allerdings überdies unsicher, ob in meinem
       Fall nicht ein Teil der achtundzwanzig Wohnungen inzwischen nur mehr schwer
       betretbar sein dürfte. Man weiß ja ohnehin nie.
       
       ## Margarinewerbung
       
       „Ich will so bleiben, wie ich bin“: Auch das dachte ich angesichts des
       bevorstehenden, ja wie gesagt, siebenundzwanzigsten Umzugs meines Lebens.
       Ein Gedanke, der nicht nur im Vorgebirge eines dreimonatigen
       Intensivlehrgangs bei Paranova N. seine Berechtigung hat, aber auch. Er
       stammt aus einer alten Margarinewerbung, die Ende der Achtziger lief und in
       der eine Frauenstimme singt, unterbrochen von der Stimme Gottes, die
       flüstert: „Du darfst“.
       
       Ob ich auch umziehen darf? Die Melodie jedenfalls geht mir nicht aus dem
       Kopf. Umso erstaunter war ich, als ich sie vor Kurzem zufällig im Lied
       „Dolce Vita“ des italienischen Sängers Ryan Paris von 1983 wiederfand. Es
       sollte sein einziger Hit bleiben. Verwirrend: Das Musikvideo zeigt ihn,
       außer spezitrinkend und Rollschuhfahrerinnen schwenkend, auch noch beim
       Tanz vor dem (französischen) Eiffelturm, und der Text ist auf Englisch.
       
       Wer den „King of Dolce Vita“ 35 Jahre später live erleben will, kann dies
       seiner Homepage nach diesen Sommer tun. Paris tritt in der Exerzierhalle
       Wittenberg auf, in Hamersleben, Nossen, Bad Lauchstädt und Nortorf (bei
       Neumünster).
       
       18 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Adrian Schulz
       
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