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       # taz.de -- Südkorea stoppt Beschallung Nordkoreas: Keine Lautsprecher-Propaganda mehr
       
       > Kurz vor dem Gipfeltreffen der beiden verfeindeten Koreas hat der Süden
       > seine Lautsprecher abgedreht. Das Ziel? Ein friedliches Gesprächsklima,
       > sagt Seoul.
       
   IMG Bild: Der Ton soll weniger schrill sein – südkoreanische Soldaten bei der Lautsprecher-Entsorgung
       
       Seoul taz | Kein K-Pop (Korean Popular Music) mehr für Nordkoreas
       Grenzdörfer: Südkoreas Militär hat am Montagmorgen seine
       Lautsprecheranlagen entlang der demilitarisierten Zone abgedreht. Man wolle
       im Vorfeld des innerkoreanischen Gipfeltreffens am Freitag guten Willen
       zeigen: „Wir hoffen, dass die Entscheidung dazu führen wird, dass beide
       Seiten mit ihrer gegenseitigen Propaganda aufhören werden“, sagte Seouls
       Präsidentensprecher Choi Hoi Hyun.
       
       In der Vergangenheit waren die Propagandalautsprecher stets ein
       verlässlicher Gradmesser für die politischen Beziehungen zwischen Nord- und
       Südkorea. Am 10. August 2015 baute das südkoreanische Militär die Anlagen
       nach einer langen Sendepause wieder auf, nachdem eine nordkoreanische
       Landmine zwei Soldaten schwer verletzt hatte. Damals stand die Armee – wie
       so oft – vor dem Dilemma, die feindlichen Handlungen des Nordens nicht
       tatenlos hinnehmen zu können, gleichzeitig jedoch die innerkoreanischen
       Spannungen nicht zu stark eskalieren lassen zu wollen.
       
       Beide Seiten betrachten die akustische Beschallung als Teil ihrer
       psychologischen Kriegsführung. Der Norden sendet meist politische
       Marschlieder, der Süden ging über die Jahre zunehmend subtiler vor: Oft
       handelt es sich um „neutrale“ Nachrichten, Wettervorhersagen oder schlicht
       hedonistischen K-Pop.
       
       Was anderswo als harmloses Radioprogramm durchgehen würde, wertet Pjöngjang
       regelmäßig als „Kriegserklärung“ und reagiert überaus empfindlich: Im Jahr
       2010 beispielsweise drohte das Regime, gegen die Stereoanlagen schießen zu
       wollen – und zwar mit scharfer Munition.
       
       ## Mehrere Monate Umerziehungslager als Strafe
       
       Südkoreas Audiobotschaften sind nämlich bei guten Wetterbedingungen noch in
       bis zu 20 Kilometern Entfernung gut zu vernehmen. Damit erreichen sie in
       jedem Fall die an der Grenze stationierten nordkoreanischen Soldaten.
       Offiziell schickt das Kim-Regime Landsleute, die Fernsehserien oder Musik
       aus dem Süden konsumieren, mehrere Monate lang ins Umerziehungslager. Vor
       allem während des Kalten Krieges war die psychologische Kriegsführung noch
       weitaus brisanter:
       
       Damals schickte Südkoreas Militär bei Nordwind eigens präparierte
       Heißluftballons mit Flugblättern über die Grenze. Während Nordkorea unter
       einer schweren Hungersnot litt, prangten auf den Flyern prall gefüllte
       Supermarktregale. Ein ebenso beliebtes Motiv waren Strandnixen in knappen
       Bikinis, die zu simplen Fluchtbotschaften aufriefen: „Kamerad! Lass uns
       zusammenleben! Ich warte auf dich in Seoul“.
       
       Wie effektiv diese Art der psychologischen Kampfführung ist, gilt als
       umstritten. Unter nordkoreanischen Flüchtlingen sind jedoch Erzählungen
       überliefert, nach denen ihr erster Gedanke zur Flucht mit einem simplen
       Flugblatt ihren Ausgang nahm.
       
       23 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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