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       # taz.de -- Kakaokonferenz in Berlin: Schokogenuss ohne Sünde
       
       > Noch bis Mittwoch diskutieren Experten aus aller Welt in Berlin über
       > Kakao. Schoko-Exportweltmeister Deutschland steht in der Verantwortung.
       
   IMG Bild: Reicht oft nicht zum Überleben: der Anbau von Kakao
       
       Berlin taz | „Mittelfristig“ solle aller „in Deutschland konsumierte Kakao
       nachhaltig produziert sein“, sagte Julia Klöckner. Derzeit sind es 50, bis
       2020 peile sie 70 Prozent an, sagte die CDU-Agrarministerin bei der
       Weltkakaokonferenz, die am Montag in Berlin begann. Noch bis Mittwoch
       beraten 1.500 Teilnehmer aus 60 Ländern über Qualität und Anbau von Kakao
       und die Situation der Bauern in Afrika und Lateinamerika.
       
       „Jeder entscheidet für oder gegen Kinderarbeit, für oder gegen illegale
       Rodung von Regenwald“, sagte Klöckner. Deutschland habe als
       Exportweltmeister für Schokoladenprodukte eine hohe Verantwortung. Die
       Situation für Kakaoproduzent*innen hat sich in den vergangenen Jahren
       drastisch verschlechtert, erklärte der Exekutivdirektor der Internationalen
       Kakaoorganisation (ICCO), Jean-Marie Anga.
       
       Nachdem der Weltmarktpreis für Kakao im Jahr 2016 wegen guter Ernten um
       rund ein Drittel eingebrochen war, erlitten die Produzent*innen
       Einkommensverluste von bis zu 40 Prozent. Gleichzeitig, so Anga, stiegen
       die Preise für Schokoladenprodukte in den Verbraucherländern an: „Hier
       läuft etwas grundlegend falsch.“
       
       Ein Großteil des weltweit gehandelten Kakaos stammt aus Westafrika. Die
       meisten Bauern sind nicht in Kooperativen organisiert und stehen großen
       verarbeitenden Konzernen daher allein gegenüber. So können sie ihre
       Interessen nur schwer vertreten. Viele leben in großer Armut.
       
       ## Was ist nachhaltig?
       
       Ein zentrales Problem ist das Verständnis dessen, was „nachhaltig“ ist.
       Während Klöckner hierzu lediglich auf eine dänische Initiative verweisen
       konnte, sagte Anga, dass von nachhaltiger Kakaoproduktion alle Beteiligten
       zumindest überleben sollten – und dies ist aktuell schlicht nicht der Fall.
       
       „Unsere Produzenten und Erzeuger können nicht mehr“, deshalb flüchteten
       viele nach Europa, sagte Kameruns Handelsminister Luc Mbarga Atangana.
       Kinderarbeit ist weit verbreitet. Allein in Westafrika arbeiten laut
       Entwicklungsnetzwerk Inkota 2,2 Millionen Kinder auf Kakaoplantagen. Von
       einem Leben der Produzent*innen in Würde „sind wir aktuell weiter entfernt
       als die Anbauländer vom Tagungsort“, sagte Inkota-Experte Johannes
       Schorling.
       
       In der Preisfrage sieht Anga beim Kakao nicht zu allererst die
       Verbraucherländer aus den USA und Europa in der Pflicht, sondern die
       produzierenden Länder in den Entwicklungsländern. Diese müssten
       kooperieren, um ihre Marktmacht besser auszunutzen.
       
       Auch Klöckner sieht ihr Land nicht als Teil des eigentlichen Problems an.
       Dieses bestehe vielmehr in der hohen Abhängigkeit der Produzent*innen vom
       Weltmarktpreis – und in der Beschränkung auf ein einziges Anbauprodukt.
       Diversifizierung müsse deshalb das maßgebliche Stichwort für die Politiken
       der produzierenden Länder heißen, sagte Klöckner.
       
       Demgegenüber stehen Stimmen wie die des ecuadorianischen
       Landwirtschaftsministers Rubén Flores Agreda. Er fragte: „Wie können wir
       mehr Solidarität in der Produktionskette erreichen?“ Vorschläge in diese
       Richtung hat Inkota in ihrem jüngsten „Kakao-Barometer“ veröffentlicht. Das
       Netzwerk hatte zudem unter dem Motto „Make Chocolate Fair!“ zum Protest vor
       dem Tagungsort aufgerufen. 100 Kinder und AktivistInnen demonstrierten mit
       einer menschengroßen Schokoladentafel.
       
       24 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frederik Richthofen
       
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