# taz.de -- Alternativer Wirtschaftsbericht: AfD! Nicht Vollbeschäftigung
> Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat ihren Bericht 2018
> veröffentlicht. Die Erfolgstory der Bundesregierung stellen die Ökonomen
> infrage.
IMG Bild: Immer noch ganz schön voll: Wartezimmer eines Jobcenters in Leipzig
BERLIN taz | Es könnten Botschaften aus zwei verschiedenen Welten sein. In
der Bundesregierung boomt die Wirtschaft, der Bundesetat pegelt sich bei
der „schwarzen Null“ ein, die Schulden sinken, 2020 herrscht
„Vollbeschäftigung“. Und dann ist da die Welt der „Arbeitsgruppe
Alternative Wirtschaftspolitik“, eines einflussreichen Zirkels linker
ÖkonomInnen, die die offizielle Erfolgsstory seit über 40 Jahren
dekonstruiert.
„Wir teilen nicht die Euphorie des Wachstums“, sagte der Gelsenkirchener
Ökonomieprofessor Heinz-J. Bontrup bei der Präsentation des
„[1][Memorandums 2018]“ der Arbeitsgruppe am Montag. Anstatt der
offiziellen Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent im vergangenen Jahr hat die
Arbeitsgruppe 13,8 Prozent errechnet. Die Differenz ergibt sich, weil die
Wissenschaftler auch 3,5 Millionen „Unterbeschäftigte“ berücksichtigen, die
die Statistik rausstreicht, also ungewollt Teilzeitbeschäftigte,
krankgemeldete Arbeitslose, Arbeitslose über 58 Jahre oder
1-Euro-JobberInnen.
77 Prozent der in den vergangenen Jahren neu geschaffenen
Arbeitsverhältnisse seien prekär oder Teilzeitjobs, sagt Bontrup. Und
rüffelt die „gigantische primäre Umverteilung“ Richtung Unternehmen.
Bontrup ärgert sich über die deutsche Fiskalpolitik und fordert eine höhere
Körperschaftsteuer, eine höhere Spitzensteuer, kein Auslaufen des Soli,
eine Finanztransaktionssteuer.
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik gründete sich 1975 – als
Gegengewicht zum regierungsnahen Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, den „Wirtschaftsweisen“. Bereits das
erste „Memorandum“ richtete sich gegen die in der damaligen Krise
verbreitete neoklassische These von steigenden Gewinnen zulasten der
Löhne, die morgen Investitionen und übermorgen Arbeitsplätze schaffen
sollen. Die Grundkritik gilt bis heute.
## Wenig Erwartungen an die neue GroKo
Von der neuen Groko erwarten sich die Ökonomen wenig: Wenn Finanzminister
Olaf Scholz (SPD) wie angekündigt trotz historisch niedriger Zinsen keine
neue Schulden machen wolle, leide die Bildung, die Infrastruktur, die
Pflege, der Wohnungsbau, sagte die Bremer Ökonomieprofessorin Mechthild
Schrooten. Sie rügte die „wahnsinnige Verteilungswirkung zu Ungunsten
derer, die eigentlich auf den Staat angewiesen sind“.
Die Auswirkungen dieser Politik seien eine Armutsquote von 15 Prozent und
die AfD im Bundestag, sagte Bontrup. Einem Bedingungslosen Grundeinkommen
erteilten dennoch beide eine Abfuhr: Sie fürchte Abstriche bei den sozialen
Sicherungssystemen, sagte Schrooten. „Wir sind dagegen, weil sich ein Leben
im Kapitalismus nicht armutsresistent vom Staat finanzieren lässt.“
23 Apr 2018
## LINKS
DIR [1] http://www.alternative-wirtschaftspolitik.de/veroeffentlichungen_der_arbeitsgruppe/memorandum_2018/index.html
## AUTOREN
DIR Kai Schöneberg
## TAGS
DIR Ökonomie
DIR Arbeitslosigkeit
DIR Steuern
DIR Kapitalismus
DIR Geflüchtete
DIR Konjunktur
DIR Neoliberalismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Nachruf auf Herbert Schui: Kämpfer gegen kapitalistische Mythen
Ohne Herbert Schui gäbe es die Arbeitsgruppe Alternative
Wirtschaftswissenschaft wohl nicht. Die Idee entstand bei Rotwein und
Lammkeule.
DIR „Euro-Memorandum 2016“: Wirtschaft begrüßt Flüchtlinge
320 Wirtschaftswissenschaftler erwarten durch die Flüchtlinge positive
Effekte auf die EU-Volkswirtschaften. Doch es gebe auch ein Problem.
DIR Memorandum zur Wirtschaftspolitik: Die Arbeitslosigkeitslüge
Die deutsche Wirtschaft wächst. Aber der Niedriglohnsektor bleibt laut der
Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein großes Problem.
DIR Ökonom über Wirtschaftsweisen: „Wachstum nicht um jeden Preis“
Die Arbeitszeit muss verkürzt werden, sagt Heinz-J. Bontrup von der Gruppe
Alternative Wirtschaftspolitik, die den Wirtschaftsweisen Kontra gibt.