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       # taz.de -- Diskriminierung als Alltagserfahrung: Integration? Das machen wir schon
       
       > Migrantische Jugendliche einer Schule in Wittenau beteiligen sich beim
       > Filmwettbewerb „Janz schön anders“. Das Thema: Ungerechtigkeit.
       
   IMG Bild: Wenn man wieder mal grundlos von der Polizei angehalten wird
       
       Majed schaut in die beiden Kameras, die seine MitschülerInnen auf ihn
       richten. „Kamera ab!“, ruft einer. Majed sagt: „Ich wurde heute schon
       wieder von der Polizei kontrolliert, obwohl ich nichts gemacht habe.“
       Schnitt.
       
       Majed und seine MitschülerInnen aus der 9f der Jean-Krämer-Schule in
       Wittenau – es sind allesamt Jugendliche mit ausländischen Wurzeln, viele
       aus Syrien, einige vom Balkan – stecken an diesem Dienstagvormittag mitten
       in den Aufnahmen für ein Filmprojekt. Es geht um große Themen, um
       Diskriminierung und Rassismus und wie die Jugendlichen das im Kleinen
       erleben: Majed, der von den Polizeikontrollen erzählt. Batus Familie, die
       von einem Makler abgezockt wurde, so wie viele Flüchtlingsfamilien in
       Wohnungsnot.
       
       Fünf Minuten Film sollen entstehen, das Ergebnis will die Klasse beim
       Kurzfilmwettbewerb „Janz schön anders“ einreichen, der noch bis Mitte Juni
       läuft und den der Verein für inklusive Medienbildung Berlin-Brandenburg
       veranstaltet. Das Thema: Ungerechtigkeit. 50 Klassen aus 23 Schulen in
       Berlin und Brandenburg machen mit.
       
       Für ihre Jugendlichen sei Diskriminierung Alltagserfahrung, sagt die
       Klassenlehrerin Andrea Küpper. Dass sich Leute in der S-Bahn wegsetzen, die
       Nase rümpfen, dass sie im Bus beschimpft werden, die augenscheinlich
       grundlosen Polizeikontrollen: „Dieser tägliche Rassismus, achten Sie mal
       drauf – und genau das ist hier jeden Tag Thema.“ Deshalb auch die Idee mit
       dem Filmprojekt: den Schatten, der über dem Alltag der NeuntklässlerInnen
       hängt, ausleuchten.
       
       ## Dunkler Fleck Antisemitismus
       
       Apropos ausleuchten – da ist ja noch der andere dunkle Fleck, in den gerade
       alle ein wenig Licht scheinen lassen wollen: der Syrer, der kürzlich einen
       Kippaträger im Prenzlauer Berg angegriffen hat, das antisemitische Mobbing
       an einer Tempelhofer Grundschule. Wie groß ist das Problem islamischer
       Antisemitismus denn nun wirklich?
       
       Küpper seufzt. Dann erzählt sie von dem Schüler, der ihr kürzlich Israel
       von der Weltkarte radiert hat. Antisemitismus, sagt sie, sei kein zu
       übersehendes Problem in ihrem Klassenzimmer, „sondern ein
       offensichtliches“. Was sie dann macht? „Sofort thematisieren.“ Zum Glück,
       sagt Küpper, sei sie Geschichtslehrerin und Israel ihr Spezialthema. Und
       dass die Kompetenz von Küpper Glückssache ist, zeigt vielleicht auch schon,
       wo hier das Problem liegt.
       
       Eine Frage hat die Reporterin noch: Macht das eigentlich Sinn, Frau Küpper,
       eine ganze Klasse nur mit Kindern aus ehemaligen Willkommensklassen? War
       das nicht anders gedacht: Nach dem Deutschlernen, sollte da nicht die
       Integration in „normale“ Klassen stehen? „Man muss auch die Vorteile
       sehen“, sagt die Lehrerin diplomatisch. „Das ist hier ein sehr geschützter
       Raum.“ Aber ist das nicht auch Ausgrenzung? „Die Integration, das machen
       wir schon“, sagt die Lehrerin.
       
       25 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Klöpper
       
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