# taz.de -- Antisemitismus im Deutschrap: Nicht zu schlimm für den „Echo“
> Kollegah und Farid Bang rappen auf ihrem Album eine antisemitische Zeile.
> An ihren Echo-Nominierungen ändert dies nichts.
IMG Bild: Bewusster Tabubruch: der Rapper Felix Blume, alias Kollegah
Berlin taz | Schon wieder wird der Musikpreis Echo vergeben. Und schon
wieder ist er in den Schlagzeilen. Jedoch nicht wegen seines vermeintlichen
Glamours oder den geladenen Stars, sondern aus politischen Gründen. Schon
2013 wurde die Nominierung der Rockband Frei.Wild zum Politikum, in diesem
Jahr stehen zwei Hip-Hop-Künstler im Kreuzfeuer.
Der aktuelle Problembär heißt Felix Blume und tritt als „Kollegah“ in der
deutschsprachigen Hip-Hop-Szene auf. Anfang Dezember veröffentlichte der
hessische Rapper zusammen mit Kompagnon Farid Hamed El Abdellaoui, alias
Farid Bang, deren drittes Kollaborations-Album „Jung, brutal, gutaussehend
3“.
Bereits acht Tage vor Veröffentlichung erreichte das Album Gold-Status und
chartete in Deutschland direkt auf Position eins. Alle 17 Songs der Platte
belegten vordere Plätze der „Top 50 Deutschland“-Playlist des
Online-Streamingdienstes Spotify. Beim diesjährigen Echo, wo sich die
Nominierungen stets nach den Verkaufszahlen richten, könnten sie in den
Kategorien „Album des Jahres“ und „Hip-Hop/urban national“ gewinnen. Bei
der Preisverleihung ist auch ein Auftritt geplant.
Neben „JBG3“ veröffentlichten sie auch eine EP mit dem Titel „§185“, der im
Strafbesetzbuch den Straftatbestand der Beleidigung regelt. Auf dieser EP
befindet sich eine Textzeile, über die seit rund zwei Wochen in deutschen
Medien diskutiert wird. Im Song „0815“ rappt El Abdellaoui „mein Körper
definierter als von Auschwitzinsassen“. Der wohl bewusste Tabubruch
provozierte zunächst diverse wütende MedienvertreterInnen.
Es folgte der Sprecher des Internationalen Auschwitz Komitees, der in der
Bild-Zeitung betonte, dass: „die Textzeile nicht nur roh und würdelos sei,
sondern verachtend (den Überlebenden) und ihren ermordeten Angehörigen
gegenüber“. Die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano, selber mit der
Rap-Formation „Microphone Mafia“ unterwegs, bot an, den Rappern und
Besuchern der Echo-Verleihung von Auschwitz zu erzählen.
## Medienschelle und Entschuldigung
Dem journalistischen Gegenwind kontern die Rapper provokant mit
„Mainstreammedien“-Vorwürfen. Unter einem Bild auf seinem Facebook-Account,
auf dem Blume mit Pali-Tuch posiert, schreibt er von einer „heuchlerischen
Hetzkampagne“. Dabei hat Blume es vor allem auf Bild und RTL abgesehen. In
einem Video skandiert er, dass es das Volk satt habe, „sich verarschen zu
lassen.“
Versöhnlicher zeigen sich die beiden Rapper gegenüber den
Auschwitz-Überlebenden. Per Facebook-Statement rudert El Abdellaoui zurück:
„Wir distanzieren uns von jeglicher Form des Antisemitismus oder Hass gegen
Minderheiten.“ Die Zeile sei ein harter Battle-Rap-Vergleich und keine
politische Äußerung, erklärt der Rapper. Auch eine persönliche
Entschuldigung bei Esther Bejarano folgte, sie solle seine
„Unreflektiertheit“ nachsehen. Außerdem seien die Rapper dazu bereit, einen
Track mit Bejarano aufzunehmen.
Im Zuge der heftigen Kritik an der Echo-Nominierung von Blume und El
Abdellaoui, äußerte sich auch der unabhängige Ethik-Beirat des
Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), der im Zuge der Diskussion um
Frei.Wild gegründet wurde. Der Bundesverband vergibt auch in diesem Jahr
die Preise. Die Entscheidung seines Beirats: Die Nominierung bleibt
bestehen.
Zwar handele es sich um einen „absoluten Grenzfall“, die künstlerische
Freiheit im Text sei aber „nicht so wesentlich übertreten, einen Ausschluss
zu rechtfertigen.“ Wie geplant, würden die beiden „sehr erfolgreichen
Künstler“ auch live auftreten. Laut Echo-Geschäftsführerin Rebecka Heinz
werde die Debatte um die Textzeile „voraussichtlich auch ein Thema der
Sendung sein.“
10 Apr 2018
## AUTOREN
DIR Christopher Kammenhuber
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