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       # taz.de -- Agro-Gentechnik und Menschenklonen: Grünenchefs erzürnen Umweltschützer
       
       > Der Bundesvorstand der Grünen fragt seine Partei: Sind Gentechnik in der
       > Landwirtschaft und das Klonen von Menschen wirklich immer böse?
       
   IMG Bild: Ist Genmais vielleicht doch nützlich?
       
       Der Bundesvorstand der Grünen stellt die Ablehnung der Agro-Gentechnik und
       des Klonens von Menschen infrage. „So sprechen wir Grünen uns gegen
       Genveränderungen bei Lebensmitteln aus, sollten aber noch einmal
       hinterfragen, ob bestimmte neue Technologien nicht helfen könnten, die
       Versorgung mit Nahrungsmitteln auch dort zu garantieren, wo der Klimawandel
       für immer weniger Regen oder für versalzenen Boden sorgt“, schreibt die
       Parteispitze unter Robert Habeck und Annalena Baerbock in einem
       „[1][Impulspapier]“.
       
       Mit den „bestimmten Technologien“ meinen sie offenbar die neue
       Gentechnikmethode Crispr/Cas, mit der sich das Erbgut genauer verändern
       lässt als mit bisherigen Verfahren zur Genmanipulation. Als Bedingungen
       nennt der Vorstand, „die in marktschädlichen Oligopolen organisierten
       Konzerne so zu regulieren, dass sie in neuer Form am Ende der
       Allgemeinheit, also zum Beispiel auch den Kleinbauern des Südens dienen.“
       
       Weiter zeigt die Grünen-Spitze folgende Alternative auf: „Was wiegt mehr:
       das mögliche Ende von tödlichen Krankheiten oder die Verteidigung der Würde
       des Menschen vor Klonen?“. „Biotechnologie, Nanotechnologie oder Gentechnik
       können Krankheiten ausrotten oder heilen, sie können Leben verlängern –
       theoretisch sogar den Tod überflüssig machen.“
       
       Damit stellt die Führung lang gehegte Grundüberzeugungen der Grünen zur
       Disposition – und stößt bei ihren Fachpolitikern und Umweltschützern auf
       heftigen Widerstand. Das Papier soll Grundlage für die Debatte über ein
       neues Grundsatzprogramm der Grünen sein, die am Freitag und Samstag mit
       einem Konvent in Berlin startet.
       
       ## „Das Tischtuch zwischen uns droht zerschnitten zu werden“
       
       „Wir können nur eindringlich an diesen Konvent appellieren, dass er sich
       klar dagegen positioniert, denn sonst würde durchaus eine wichtige
       Grundgemeinsamkeit zwischen Bündnis 90/Die Grünen und Umweltverbänden wie
       dem BUND aufgegeben werden. Das Tischtuch zwischen uns droht damit
       zerschnitten zu werden“, sagte Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bunds für
       Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), am Donnerstag der taz. „Für uns
       gibt es überhaupt keinen Anlass, etwas zu hinterfragen an der bisherigen
       und hoffentlich auch in Zukunft von den Grünen eingenommenen klaren
       ablehnenden Haltung zur Agrogentechnik.“
       
       Weiger empfahl den Autoren des Papiers, den Weltagrarbericht von
       internationalen Landwirtschaftsexperten zu lesen. Demnach gefährde die
       Agrogentechnik die Ernährungssicherheit, weil sie zum Beispiel durch
       Patentschutz auf Pflanzen die Vielfalt des Saatguts verringere und die
       Abhängigkeiten von Konzernen erheblich vergrößere.
       
       ## „Es wird an Genen rumgepfuscht“
       
       Harald Ebner, Gentechnikexperte der Grünen Bundestagsfraktion, erklärte,
       die Partei müsse „die Versprechen der Biotechnologiefirmen kritisch
       hinterfragen“. Die Bilanz nach über 30 Jahren Gentechnik auf dem Acker sei
       schlecht. „Bauern, Verbraucher, Hersteller und Handel brauchen und wollen
       ganz überwiegend keine Gentechnik auf Äckern und in Lebensmitteln. Das
       müssen wir ernst nehmen.“
       
       Pflanzen, die gut mit wenig Regen klarkommen, verspreche die
       Gentechnik-Lobby schon seit Jahrzehnten ohne Ergebnis. „Kein Wunder:
       Trockenheitsresistenz ist eine viel zu komplexe Eigenschaft, die sich nicht
       so einfach per Gentech-Knopfdruck einschalten lässt.“ Auch in Zukunft
       müssten „Kunstlebewesen“ auf ihre Risiken überprüft und als „Gentechnik“
       gekennzeichnet werden. „Das gilt selbstverständlich ganz besonders auch für
       neue Gentechnik-Verfahren wie Crispr/Cas.“
       
       Auch Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im
       Europa-Parlament, protestierte. „Crispr/Cas ist nicht die Lösung gegen den
       Hunger in der Welt, weil der Hunger vor allem ein Verteilungsproblem ist
       und sich nicht durch neue Technologien lösen lässt“, sagte Häusling. „Die
       neue Gentechnik ist im Grunde ein Teil der alten Gentechnik, es wird an
       Genen rumgepfuscht.“
       
       12 Apr 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Beschluesse/Beschluesse_BuVo/20180406_Beschluss_Neue_Zeiten._Neue_Antworten..pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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