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       # taz.de -- Linken-Vorsitzende zur Syrien-Eskalation: „Deutschland muss ein Veto einlegen“
       
       > Katja Kipping fordert die Bundesregierung auf, innerhalb der Nato gegen
       > Syrien-Einsätze der USA einzutreten. Man dürfe Trump nicht nach dem Mund
       > reden.
       
   IMG Bild: Katja Kipping warnt vor einem Militärschlag gegen Syrien
       
       taz: Frau Kipping, Donald Trump hat per Twitter einen Militäranschlag in
       Syrien angekündigt, Russland hat gedroht US-Raketen abzuschießen. Für wie
       gefährlich halten Sie die Lage in Syrien? 
       
       Katja Kipping: Sie ist brandgefährlich. Die Twitter-Undiplomatie von Trump
       ist irre. Syrien ist seit sieben Jahren kriegsgebeutelt, es gibt mehr als
       eine halbe Million Tote. Die verschiedenen Großmächte haben diesen Konflikt
       fleißig befeuert und jetzt droht eine direkte Konfrontation der USA mit
       Russland, beziehungsweise vom Iran und den USA.
       
       Man kann ja auch die Haltung vertreten: Assad setzt wahrscheinlich zum
       wiederholten Male Giftgas gegen die eigene Bevölkerung ein. Russland
       bombardiert seit 2015 in Syrien. Gut, dass endlich eine Reaktion vom Westen
       kommt. 
       
       Ich habe immer kritisiert, wenn Bomben auf Syrien gefallen sind, egal ob
       sie von russischer oder türkischer Seite abgefeuert wurden. Der mutmaßliche
       Giftgasangriff in Duma muss in der Tat aufgeklärt werden. Die
       Chemiewaffenexperten der UNO müssen ihre Arbeit jetzt aufnehmen. Es braucht
       auch eine UN-basierte Aufarbeitung der Kriegsverbrechen. Es geht mir nicht
       darum eine Seite freizusprechen. Dennoch: Das ist ein Spiel mit dem Feuer,
       das zu einem Flächenbrand werden kann. Eine Kriegsintervention würde den
       Menschen in Syrien nicht helfen. Im Gegenteil: Sie würde den Konflikt
       eskalieren.
       
       Die Linken-Fraktion fordert von der Bundesregierung den Abzug der
       Bundeswehr, die sich mit Aufklärungsflugzeugen und Tankflugzeugen am Kampf
       gegen den Islamischen Staat in Syrien beteiligt. Ist es wirklich eine
       Option sich jetzt aus der Region zurückzuziehen und zuzuschauen, wie es
       knallt? 
       
       Wir wissen: Der UN-Sicherheitsrat ist blockiert. Aber die UN ist jetzt
       wirklich gefragt. Deshalb bräuchte es eine UN-Generalversammlung zu Syrien,
       wie es sie 1950 zum Korea-Konflikt gegeben hat, die mit einer
       United-for-peace-Resolution alle Gewaltakteure in Syrien zu einer
       Waffenruhe verpflichtet und den Sicherheitsrat dazu drängt, eine Road-Map
       in Richtung Frieden und Demokratie auszuarbeiten. Ich sage das in dem
       Wissen, dass das total schwierig ist. Aber ich sehe keinen anderen Weg. Im
       Rahmen dieses Planes muss dann auf den Rückzug aller Großmächte, die in
       Syrien kämpfen, hingewirkt werden.
       
       Sie weisen darauf hin, dass sich Russen und Amerikaner im Sicherheitsrat
       gerade gegenseitig blockieren. Ist es wirklich realistisch, in der jetzigen
       Situation auf die UN zu setzen? 
       
       Das ist nicht einfach. Aber nur weil das Richtige total schwer ist, darf
       man nicht voller Energie das Falsche machen.
       
       Das Falsche wäre? 
       
       Falsch wäre es, die Kriegssituation in Syrien anzuheizen und zu einem
       direkten Krieg zwischen Nato-Kräften und Russland, beziehungsweise zwischen
       den USA und dem Iran auszuweiten.
       
       Wie sollte sich die Bundesregierung jetzt verhalten? 
       
       Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit viel falsch gemacht. Sie hat
       Waffen an Erdoğan geliefert, sie hat den Nato-Partner Türkei nicht
       kritisiert, als die Türkei in Afrin einmarschierte. Die Bundesregierung hat
       erst die Zähne auseinander bekommen, als Afrin von den mit der Türkei
       verbündeten islamistischen Truppen besetzt wurde. Die Bundesregierung darf
       Trump jetzt auf keinen Fall nach dem Mund reden. Sie muss innerhalb der
       Nato ein Veto einlegen und deutlich machen, dass die bisherige Politik der
       beiden Nato-Mitglieder USA und Türkei in Syrien verheerend ist.
       
       Sie nennen die ganze Zeit USA und Türkei, was ist mit Russland? 
       
       Russland ist ja nicht Mitglied der Nato, also kann die Bundesregierung
       innerhalb der Nato nicht auf Russland einwirken. Dass Russland Fehler
       gemacht hat ist klar, aber die Möglichkeiten der Bundesregierung auf
       Russland einzuwirken sind noch geringer.
       
       Sie sagen, es sei klar, dass Russlands Politik falsch ist. Aber in ihrer
       Partei wird das Vorgehen Russlands mit keiner Silbe erwähnt, kritisiert
       werden immer nur die Nato-Länder. 
       
       Ich spreche für mich und verweise auf unsere Beschlusslage: Wir
       kritisieren, dass sich die USA, Russland und die Türkei an den Menschen in
       Syrien versündigt haben, sie haben die Kurdinnen und Kurden in Afrin
       preisgegeben und Erdoğan und seinen islamistischen Milizen überlassen.
       Unser Schwerpunkt als Opposition ist aber nun einmal die Auseinandersetzung
       mit der Bundesregierung. Und diese arbeitet eher mit Erdoğan und den USA
       zusammen und deshalb ist das der Fokus unserer Kritik.
       
       Angela Merkel schließt eine deutsche Beteiligung an einem Militärschlag
       gegen Syrien aus. Müssen Sie die Kanzlerin nicht ausnahmsweise mal loben? 
       
       Nein. Angela Merkel sollte vielmehr das Friedensgebot des Grundgesetzes
       offensiv gegen Trump vertreten.
       
       12 Apr 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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